aus Hellweger Anzeiger: Donnerstag, 18.
September 2014
Über 200
Flüchtlinge brauchen eine Bleibe
Die
ehemalige Emscherkaserne ist als
Unterkunft in der Überlegung
Von Yvonne
Schütze-Fürst
HOLZWICKEDE • Die
ehemalige Emscherkaserne, die seit zehn
Jahren nicht mehr in Betrieb ist, könnte
zu einer Unterkunft für die rasant
steigende Zahl an Flüchtlingen werden.
Ein entsprechender Vorschlag wurde
jedenfalls bereits vom Kreis Unna
gemacht. Ob sich die Kasernengebäude
überhaupt eignen, ist eine andere
Frage. Fakt ist: Auch Holzwickede ist
gefragt, sich Gedanken über
Flüchtlingsunterkünfte zu machen.
Seit Montag ist der Aufnahmestopp für
Flüchtlinge aufgehoben – das Land sucht
händeringend nach Möglichkeiten,
Flüchtlinge unterzubringen. Bereits am
Wochenende klingelten dementsprechend in
den Kommunen die Telefone, denn der
Kreis Unna machte sich auf Bitte der
Bezirksregierung auf die Suche nach
Unterbringungsmöglichkeiten, wie der
Erste Beigeordnete Uwe Detlefsen gestern
bestätigte. Schon bei diesem Gespräch
wurde die Verwaltungsspitze nach der
ehemaligen Emscherkaserne befragt. Die
Rede ist von mindestens 200
Flüchtlingen, die in der Emschergemeinde
untergebracht werden sollen. Kreisweit
sollen es über 1200 sein. Der Kreis
bestätigte gestern, die Emscherkaserne
als im Bundesbesitz befindliche
Immobilie genannt zu haben. Die
Entscheidung, ob sich die Kaserne eignet
oder nicht, obliegt aber gar nicht der
Gemeinde Holzwickede oder dem Kreis,
denn sie sind nicht der Eigentümer. Die
Emscherkaserne befindet sich im Eigentum
des Bundes beziehungsweise der
Treuhandgesellschaft BimA (Bundesanstalt
für Immobilienangelegenheiten).
Dementsprechend, so Detlefsen, habe man
auch an den Bund verwiesen. Denn nur der
Eigentümer weiß, wie es um die Gebäude
bestellt ist. Nach außen hin
präsentieren sich die Gebäude wenig
wohnlich – Fenster und Türen sind
kaputt, Strom und Wasser gibt es auf dem
Gelände nicht.
„Es
scheint eine Riesenwelle auf uns
zuzukommen.“
Bürgermeister
Jenz
Rother
Nachdem
sich gestern die Situation noch einmal
verschärft hatte, und nun sogar überlegt
wird, Turnhallen oder auch
Gemeindegebäude als
Flüchtlingsunterkünfte einzurichten,
informierte Detlefsen gestern auch alle
fünf Fraktionsvorsitzenden per Mail.
Die Ursache für die Not bei den
Unterkünften liegt zum einen in der
stetig steigenden Zahl der Flüchtlinge
begründet. Sie liegt aber auch an der
Tatsache, dass sich Krankheitsfälle
häufen und so einige Unterkünfte im Land
nicht mehr zur Verfügung stehen wegen
der Ansteckungsgefahr.
Die Bezirksregierung, so bestätigte
Pressesprecher Christoph Söbbeler, sei
ständig auf der Suche nach Unterkünften
für Flüchtlinge. Eine Liste mit
Projekten landauf, landab, sei
abzuarbeiten. Die Bezirksregierung wird
nun prüfen müssen, wie es um die Kaserne
bestellt ist.
Bürgermeister Jenz Rother erklärte
gestern, dass die Gemeindeverwaltung die
Anfrage bezüglich der Kaserne an die
BimA weiterleite. „Es scheint eine
Riesenwelle auf uns zuzukommen“,
bewertet Rother die Situation der
Flüchtlinge. Auch für ihn steht fest,
dass diese Menschen eine würdige
Unterkunft bekommen müssen.
Haltung
der fünf Parteien
Alle
fünf Fraktionsvorsitzenden waren sich
gestern einig, dass den Flüchtlingen auf
jeden Fall geholfen werden müsse.
Michael Klimziak (SPD): „Man kann sich
der Verantwortung nicht verschließen.
Flüchtlinge, die da sind, müssen auch
untergebracht werden.“ Ob sich die
Kaserne dazu eigne, könne er nicht
beurteilen. „Wir haben mit dem Gelände
etwas anderes vor“, erinnerte Frank
Markowski (CDU) an den Plan, das
Kasernengelände in ein Neubaugebiet
umzuwandeln, „um dem demografischen
Wandel entgegenzuwirken“. Aber: „Wenn
Menschen Unterkünfte brauchen, müssen
wir Prioritäten setzen. Und wenn die
Entscheidung für Holzwickede fällt,
müssen wir das so hinnehmen.“ Der Grünen
Fraktionsvorsitzende Friedhelm Klemp
wertete die Überlegungen als Gerücht.
Jochen Hake (FDP) glaubt nicht, dass
sich die Kasernengebäude als
„angemessene Unterkunft“ eigne. Er
glaubt, dass sich Unterkünfte im Kreis
finden lassen, „die menschwürdiger
sind“. Die Fraktionsvorsitzende des
Holzwickeder Bürgerblocks, Ulrike
Drossel, betonte die christliche Haltung
ihrer Partei. Für sie ist Hilfe
selbstverständlich.
Polizeikaserne
als Unterkunft
In der
Stadt Kamen soll die verwaiste
Polizeikaserne an der Dortmunder Allee
befristet als Unterkunft für Flüchtlinge
genutzt werden. Die Kaserne war bis zum
Jahr 2012 Heimat der
Autobahnpolizeidirektion.
Die Bezirksregierung Arnsberg will den
Leerstand, der vom Bau- und
Liegenschaftsbetrieb NRW (BLB) verwaltet
wird, auf seine Tauglichkeit für die
Aufnahme der aus ihrer Heimat geflohenen
Menschen prüfen.
Die Polizeikaserne befindet sich zurzeit
in der Vermarktung. Laut Kamens
Bürgermeister Hermann Hupe soll sie,
nach Rücksprache mit dem
Regierungspräsidenten Bollermann,
lediglich für drei bis sechs Wochen als
Unterkunft für Flüchtlinge genutzt
werden, um Belegungsspitzen aufzufangen,
die sich durch den Ausfall anderer
Unterkünfte ergeben haben.
Bildunterschriften:
• Die Zahl der Flüchtlinge, die
im Land untergebracht werden müssen,
steigt zurzeit rasant an. Die Kommunen
sind aufgefordert, Unterkünfte für
die Frauen, Männer und Kinder zu
suchen und zu finden.
• Die Gebäude auf dem
Kasernengelände stehen seit zehn
Jahren leer.
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