aus Hellweger Anzeiger: Dienstag, 30.
September 2014
Baubeginn
nicht abzusehen
Nach dem
Bürgerentscheid ist offen, wann es auf
dem Kasernengelände tatsächlich los geht
Von Christian
Vormbrock
HOLZWICKEDE • Über
sieben Jahre hinweg wurde das Für und
Wider einer Bebauung
des Kasernengeländes immer wieder
durchexerziert. Seit Sonntag ist die
Entscheidung
für den Bau gefallen – offen ist
allerdings, wann es überhaupt
losgehen kann.
Die Enttäuschung war den Vertretern der
„kleinen“ Parteien im Holzwickeder
Gemeinderat am Sonntagabend schon ein
wenig anzusehen – zu knapp waren sie wie
berichtet mit dem ersten Bürgerbegehren
in der Geschichte der Emschergemeinde
gescheitert. Von den 3821 abgegebenen
Stimmen hatten zwar 2409 für das
Anliegen der Gegner gestimmt, den
Bebauungsplan aufzuheben. Es hätten per
Gesetz aber 20 Prozent aller
Wahlberechtigten (14398) sein müssen,
also 2880. „Das hat schon alles ziemlich
viel Kraft gekostet“, resümierte
Friedhelm Klemp, der
Fraktionsvorsitzende der Grünen am
Sonntagabend dann auch ein wenig
bedrückt – und hob dann heraus, wie gut
die drei Parteien dabei aber
zusammengearbeitet hätten.
Mehr als sieben Jahre lang wurde das
Thema der Wohnbebauung auf dem Gelände
der Emscherkaserne in der Holzwickeder
Politik diskutiert. 2007 sprach sich
zunächst die CDU, dann die SPD für eine
Wohnbebauung auf dem damals seit drei
Jahren leer stehenden, 8,8 Hektar großen
Geländes aus. Ein Jahr später stellten
die Sozialdemokraten ihre Überlegung
unter dem Titel „Wohnen-Wasser-Grün“
vor. Gemeinsam mit der CDU wurde das
mittlerweile ausgefeilte Konzept 2012
der Politik vorgestellt (siehe kleinen
Text).
Seither waren die Fronten zwischen den
„großen“ und den „kleinen“ Parteien in
der Emschergemeinde verhärtet – bereits
kurz nach dem ersten Konzept 2008
schlossen sich FDP, Grüne, BBL und die
mittlerweile aufgelöste Junge Liste zu
einem Block gegen die Bebauung zusammen.
Den Höhepunkt des Konfliktes bildeten
schließlich in diesem Jahr das
Bürgerbegehren und der jetzt
abgeschlossenen Bürgerentscheid.
Viele Fragen zum Baugebiet sind noch
offen
Nach dem Ergebnis des Bürgerentscheids
vom Sonntagabend steht ab sofort aber
wieder der Dialog innerhalb der
Holzwickeder Politik im Mittelpunkt –
das wünschen sich nicht nur die
vermeintlichen Verlierer der Abstimmung,
das wissen mit Blick auf das knappe
Ergebnis auch die beiden Gewinner. Und
zu besprechen gibt es viel, denn ein
Selbstläufer wird das Projekt
Kasernenbebauung in keinem Fall. Noch
sind nämlich viele Fragen offen. Etwa,
wie der Hauptkritikpunkt der
Bebauungsgegner, die möglicherweise
zunehmende Verkehrsbelastung durch das
Neubaugebiet, gelöst werden soll. „Der
Verkehrsentwicklungsplan steht daher
jetzt ganz oben auf der Agenda“,
erklärte Michael Klimziak von der SPD.
Erstmals auf der politischen
Tagesordnung stehen könnte dies am 22.
Oktober, wenn der Verkehrsausschuss
tagt.
Ebenfalls ungeklärt ist bislang, wie das
Grundstück, das sich im Besitz der
Bundesanstalt für Immobilienaufgaben
(BImA) befindet, veräußert werden soll.
Hier gibt es zwei Möglichkeiten, wie ein
Vertreter der BImA bereits im April
erklärt hatte. „Entweder die Gemeinde
nutzt ihr Vorkaufsrecht und kauft das
Grundstück selbst.“ Oder die BImA
veräußert die Liegenschaft im Rahmen
eines Wettbewerbsverfahrens am Markt.
Dies führt sogleich zu einem dritten
Problem: Wie findet man einen geeigneten
Investor, der die Anforderungen des
Projektes (siehe Text unten) und die
Entsorgung der Kasernen-Altlasten
übernimmt? Zwar wird schon seit Langem
in der Emschergemeinde gemunkelt, dass
diesbezüglich der Investor der Neuen
Caroline, beta-Eigenheime, durchaus
Interesse habe – in wieweit dies aber
nicht nur Gerüchte sind, wird sich wohl
in den kommenden Wochen und vor allem
Monaten erst zeigen.
„Bislang sehen wir bei der Realisierung
des Projektes in jedem Fall noch große
Probleme“, erklärte Ulrike Drossel vom
BBL dann auch am Sonntagabend und
Friedhelm Klemp mutmaßte sogar, dass „in
den kommenden zehn Jahren“ mit einem
Baubeginn auf dem Gelände nicht zu
rechnen sei. Das wäre dann allerdings
nicht nur eine Blamage für die gesamte
Holzwickeder Politik – sondern vor allem
eine schallende Ohrfeige für alle
Bürgerinnen und Bürger, die in den
vergangenen zwei Wochen von ihrem Recht
auf Mitbestimmung Gebrauch gemacht und
den Weg an die Wahlurne eingeschlagen
hatten.
Wohnen-Wasser-Grün
Anspruchsvolle
Voraussetzungen für Investoren
Im Juni
2012 stellten SPD und CDU in einem
gemeinsamen Antrag das Konzept
„Wohnen-Wasser-Grün“ vor, welches auf
dem Gelände der ehemaligen
Emscherkaserne eine günstige
Wohnbebauung für Familien vorsieht.
Insgesamt sollen dort vier Wohnquartiere
mit jeweils etwa 20 Wohneinheiten
entstehen.
Die Wohnbebauung soll allerdings nach
dem Willen beider Parteien lediglich 50
Prozent der Fläche einnehmen. Rund 25
Prozent sollen dem Grün vorbehalten
sein, rund 17 Prozent Wasserflächen.
Verkehrsflächen sollen lediglich rund
acht Prozent in Anspruch nehmen. Im
Süden soll in eingeschossiger Bauweise
gebaut werden können, im Norden in
zweigeschossiger Bauweise und
ökologischer Prägung am Übergang in die
vorhandene Landschaft. Die Flächen im
Westen und Osten des Gebietes sollen der
Naherholung und Freizeitgestaltung der
Kinder dienen.
„Die verkehrsmäßige innere Erschließung
dient ausschließlich den jeweiligen
Wohnquartieren ohne innere
Verbindungsmöglichkeit“, hatten die
Parteien noch in ihrem Informationsflyer
kurz vor dem Bürgerentscheid erklärt.
Die äußere Erschließung soll über die
Schäferkampstraße und Sölder Straße
geschehen. „Nur untergeordnet darf die
Margareten-straße belastet werden.“
Kritik hatte es von den drei „kleinen“
Parteien neben einem vermuteten
Verkehrsproblem vor allem daran gegeben,
dass kein Investor nur 50 Prozent eines
solchen Grundstückes bebauen würde.
Hierbei wurde mehrfach auf die „Neue
Caroline“ verwiesen, wo unter anderem
geplant worden war, die Emscher durch
das Wohngebiet fließen zu lassen – ein
Unterfangen, welches nie in die Tat
umgesetzt worden ist.
Bildunterschriften:
• Das Gelände der Emscherkaserne auf
einem Luftbild aus dem Jahr 2005,
links die Sölder Straße, rechts die
Margaretenstraße, unten die
Schäferkampstraße.
• Die Zukunft der Emscherkaserne ist
seit Sonntag ein Stück weiter
besiegelt. Wann allerdings mit dem Bau
eines neuen Wohngebietes begonnen
werden kann, ist vollkommen offen.
|