aus Hellweger Anzeiger: Freitag, 08. Oktober
2010
Grundstücksverkäufe zur Rettung
des Haushalts
Politik
hält die Hand über das Vereinswesen – Weniger
Spielplätze
Von
Gabriele Hoffmann
HOLZWICKEDE • Einträchtig
saßen gestern die Fraktionsspitzen im Rathaus Seite
an Seite. Sie wollten Einigkeit demonstrieren und schlugen bei der
Präsentation der Konsolidierungsmaßnahmen für den
defizitären Haushalt moderate Töne an.
Das vorliegende Sparkonzept ist das Ergebnis von mehreren Sitzungen des
Arbeitskreises Haushaltssicherung. Kämmerer Rudi Grümme gab
gestern zu, dass er sich noch mehr versprochen hatte. Aber immerhin
sind die Fraktionen zu einem jährlichen ein Sparvolumen von bis zu
100000 Euro bereit. Hinzu kommen Erlöse aus
Grundstücksverkäufen von etwa 1,8 Millionen Euro.
Darüber hinaus werden in den kommenden Jahren mit
Einkommensverbesserungen bei den Schlüsselzuweisungen und der
Grunderwerbssteuer, bei Gewerbe- und Einkommensteuer sowie mit einer
weiteren Senkung der Kreisumlage gerechnet. Wie berichtet, kann der
Kämmerer noch in diesem Jahr 221089 Euro aus Nachzahlungen des
Landes verbuchen.
Damit scheint die Gemeinde auf dem Weg zu sein, das 6,4 Millionen
große Haushaltsloch bis 2014 auszugleichen.
„Wir haben uns bemüht, das Vereinswesen außen vor z lassen“,
sagte Bürgermeister Jenz Rother, „Kultur und Sport nicht zu
tangieren.“ Gleichwohl sollen die Sportvereine beispielsweise mehr
Verantwortung und Schlüsselgewalt für die Sportstätten
übernehmen, um die Hausmeister und den Baubetriebshof zu
entlasten. Dabei geht es nicht um die profihafte Unterhaltung wie zum
Beispiel die Rasenpflege. Aber nach einem Spiel den Müll der
Zuschauer aufzusammeln, wird künftig durchaus von den Vereinen
erwartet.
Für einige Gebührenerhöhungen seien noch
Satzungsänderungen notwendig. Ambiente-Trau- ungen im Rathaus
könnten demnächst doppelt so teuer werden. Hochgesetzt werden
die Mieten für Rausinger Halle und Forum für auswärtige
und kommerzielle Nutzer.
Kürzungen bei der Hausaufgabenhilfe seien vertretbar, weil die
OGGS diese Aufgaben übernommen hat.
Gespart werden soll bei den Betriebskosten der Schulen (20000 €) und
den Zuschüssen zu den Betriebskosten der Kindertageseinrichtungen.
Ab 2015 werden sie ganz entfallen. Bis dahin wird der Zuschuss
jährlich reduziert (2011: 5460 €, 2012: 10 460 €, 2013: 15460,
2014: 20460 €). „Diese Zuschüsse erlauben sich Bönen und
Fröndenberg auch nicht mehr“, erklärte Grümme.
Im investiven Bereich wird kräftig zugelangt. 1832638 Euro sollen
durch Grundstücksverkäufe erzielt werden. Die südliche
Freifläche des kommunalen Friedhofs, Grundstücke am Krummen
Weg und an der Massener Straße, das Wohnhaus an der Schönen
Flöte sollen verkauft werden. Der Festplatz bleibt unangetastet.
Die Gemeinde will sich von fünf Spielplätzen trennen. Das
wird damit gerechtfertigt, dass andere Plätze in der Nähe
sind. Mit dieser Maßnahme wird nicht nur die Einnahmenseite
verbessert. Ausgaben für die Pflege, für Neuanschaffungen und
die TÜV-Gebühren entfallen.
Der Weihnachtmarkt hat Bestand. Mithilfe von Sponsoren sollen aber auch
dort möglichst Kosten reduziert werden.
Einige Vorschläge (teils aus der Verwaltung) wie Verkauf
Festplatz, Erhebung einer Zweitwohnungssteuer, Parkgebühren,
Kürzungen bei der Heimat- und Kulturpflege oder bei der Feuerwehr
fanden keine Zustimmung.
Aufgabe ist es laut Kämmerer, die Neuverschuldung nach unten zu
schrauben und die Nachhaltigkeit des Haushaltssicherungskonzeptes auch
über 2014 hinaus nachzuweisen.
Im Großen und Ganzen herrschte bei den Fraktionen Konsens. Die
Personalkosten, insbesondere für den Beigeordneten, lassen
allerdings den Grünen keine Ruhe. „Wir satteln drauf“, kritisierte
Fraktionschef Friedhelm Klemp. „Nicht mit dem Rasenmäher
reduzieren“, warnte SPD-Fraktionschef Michael Klimziak. „Im Auge
behalten“, forderte FDP-Fraktionsvorsitzender Jochen Hake.
CDU-Parteichef Frank Lausmann setzt auf die Erholung der Konjunktur und
machte deutlich, dass die Situation der Gemeinde nicht
ausschließlich hausgemacht ist. Heinrich Schlinkmann,
Bürgerblock-Chef, rief die Schuldenlast durch die Neue Caroline
ins Gedächtnis, die auch bei positiver Entwicklung eine
Bereinigung des Haushaltes nötig gemacht hätte.
Bildunterschrift
unter einem Foto eines Spielplatzes: Spielplätze, die in der
Nähe anderer Plätze liegen, stehen auf der Streichliste der
Gemeinde. Unter anderem soll der Spielplatz an der Schubertstraße
verkauft werden.
Bildunterschrift
unter einem Foto des Friedhofes: Wegen der veränderten
Bestattungskultur wird immer weniger Platz auf den Friedhöfen
benötigt. Die Gemeinde will eine Teilfläche des
Kommunalfriedhofs verkaufen.
Bildunterschrift:
Tonnenweise Müll kommt beim Weihnachtsmarkt zusammen. Die
Entsorgung durch den Betriebshof kostet einige tausend Euro. Der
Vorschlag, die Standbetreiber zu beteiligen, steht im Raum.
Maßnahmen
Einige
Maßnahmen aus dem Haushaltssicherungskonzept:
• Reduzierung der
Schülerfahrtkosten nach Einrichtung eines Gehweges
Römerstraße: 20000 € jährlich
• Reduzierung der
Aufwendungen für neue Medien in den Schulen: 5000 € jährlich
• Reduzierung
Unterhaltungsaufwand Sportanlagen: 2500 € jährlich
•
Sportförderung, Erwerb von beweglichem Vermögen: 5000 €
jährlich
• Verkauf
Teilfläche Friedhof: 940748 €
• Verkauf
Spielplatz Schubertstraße: 119600 €
• Verkauf
Spielplatz Buchholzstraße: 106008 €
Auf dem
Prüfstand stehen noch
• sämtliche
Versicherungen, Personalentwicklungskonzept, Einrichtung eines
Hausmeisterpools, Reinigungsdienste, alle kostenlosen Leistungen des
Baubetriebshofes, Müllentsorgung auf dem Weihnachtsmarkt
KOMMENTAR
Sparen
für die Zukunft
Eine große
Überraschung ist ausgeblieben. Bei der
Haushaltskonsolidierung haben sich die Politiker Samthandschuhe
übergezogen. Drastische Einschnitte wurden vermieden.
Kultur- und Sportbereich bleiben verschont. Einige Gebühren sollen
angehoben, die Vereine mehr in die ideelle Verantwortung für die
Sportstätten genommen werden.
Dass von immerhin 18 Spielplätzen fünf geschlossen werden
sollen, ist zu verschmerzen. Betriebskostenzuschüsse an
Kindertageseinrichtungen erlauben sich andere Kommunen auch nicht mehr.
Holzwickede stellt diese Zahlungen ein, allerdings nicht mit einem
Rundumschlag im nächsten Jahr, sondern häppchenweise bis 2014.
Die Gemeinde will ihre Bürgerinnen und Bürger nicht
verärgern. Um die freiwilligen Leistungen aufrechterhalten zu
können, geht sie ans viel gelobte Tafelsilber. Gemeindeeigene
Grundstücke sollen verkauft werden. Etwa 1,8 Millionen Euro
Einnahmen werden aus den Verkäufen kalkuliert. Bleibt zu hoffen,
dass diese Grundstücksgeschäfte besser laufen als jene auf
der Bredde in Hengsen, damit die Rechnung aufgeht.
Der Festplatz ist raus aus den Spekulationen. An diesem Punkt musste
die SPD nachgeben. Personaleinsparungen im großen Stil konnten
die Grünen nicht durchsetzen. Alle Fraktionen gemeinsam mussten
sich auf lange Zeit von Wunsch-Investitionen verabschieden.
Denn dass sich die Gemeinde keine Prestigeobjekte mehr leisten kann,
das haben jetzt wohl alle begriffen. Auch wenn bis 2014 der
Haushaltsausgleich geschafft ist, gibt es keinen Grund, aus dem Vollen
zu schöpfen. Das Geld zusammenzuhalten, das möglicherweise
wieder verstärkt von Bund und Land in die Kasse gespült wird,
und Ausgaben genau im Blick zu behalten, ist die Verpflichtung der
Zukunft, damit Holzwickede in einigen Jahren nicht in ein neues
Haushaltsloch fällt.
•
Gabriele Hoffmann
|