aus Hellweger Anzeiger: Donnerstag, 29. Januar
2009
Großer
Zampano und grüßendes Murmeltier: die Haushaltsreden 2009
SPD
hielt es mit den sozialdemokratischen Klassikern, CDU bot Lehrstunde
für Cineasten
KREIS UNNA • Die
absurde Situation - Politik fordert höhere Kreisumlage als
Kreisverwaltung vorschlägt - wollte Kämmerer Rainer Stratmann
gesetrn nicht kommentieren. Die Sitzung an sich nannte er "vom Stil
unter der Gürtellinie". Kleine Gehässigkeiten wie "Zampano",
auf den Landrat gemünzt.
Oder Grünen-Chef Goldmann, der
sich vom Landrat „verar..t“ fühlte: Die Haushaltsreden setzten
unterschiedliche Akzente.
Klare Akzente auf das, was den Kreis lebenswert und was ihn ausmacht
(auf den Errungenschaften der SPD beruhend), setzte in ihrer
Jungfernhaushaltsrede Brigitte Cziehso
für die SPD. „Ich
möchte ein Bild davon entwerfen, wie wir – die SPD – den Kreis
Unna sehen“, begann die neue Vorsitzende entwaffnend unpolitisch. „Dazu
bedarf es der Werte. Das hört sich vielleicht etwas altmodisch an.
Aber“, hub sie an, „ich bin zutiefst überzeugt, dass wir als
Politik den Menschen zeigen müssen, für welche Werte und
Zukunftsmodelle wir stehen.“ Für Solidarität; für
Zusammenarbeit; für einen Maßstab, der sich an den Menschen
orientiert. Gutes Geld für gute Arbeit, Chancengleichheit bei der
Bildung, die SPD-Chefin hielt es mit den sozialdemokratischen
Klassikern. Nur auf drei Seiten ihrer 13-Seiten-Rede, den letzten drei,
bezog sie zur Finanzlage Position: Die SPD werde mit den Städten
zusammen Sparmöglichkeiten ausloten, der Haushaltsplanentwurf des
Landrats biete die „Basis für eine geordnete Diskussion“.
Das sahen die anderen Fraktionen ganz anders.
Wilhelm Jasperneite
(CDU) webte als roten Faden seiner Rede einen Filmtitel hinein:
„Und täglich grüßt das Murmeltier“. „So ähnlich
fühlt man sich im Kreistag, wenn es um die jährliche
Verabschiedung des Haushaltes geht. Man durchlebt immer wieder die
gleiche Tragödie.“
Der Film, lehrte der CDU-Fraktionschef und Landratskandidat, sei eine
„tiefgehende Parabel über die Bestrafung und Läuterung eines
Menschen, der sich als Mittelpunkt des Universums und seine Mitmenschen
nur als Statisten sieht“. Zur Strafe erlebt er immer und immer wieder
denselben Tag, das bringt ihn kurz vor den Kollaps. Läuterung
erfährt er, indem sich „sein Charakter aus eigenem Antrieb zum
Guten wendet“. Jasperneite sieht solche Läuterung beim Landrat
nicht gegeben, daher verweigerte er mit seiner CDU-Fraktion die
Ausweisung eines neuen Defizits zugunsten zufriedener
Bürgermeister und kippte mit Grünen und FDP das
„44-Null“-Projekt.
In die weite Welt der internationalen Bankenkrise schweifte Herbert Goldmann (Grüne) ab,
geißelte Globalisierung und Wasserknappheit, bekam jedoch die
Kurve und geißelte statt dessen „das Draufhauen einiger
Bürgermeister im Kreis“, das sei „unsäglich“. So
unsäglich wie „die Beliebigkeit der Haushaltsaufstellung“, mit der
der Landrat die Fraktionen vor vollendete Tatsachen stelle: „Ich
fühle mich weder informiert, noch fühle ich mich mitgenommen.
Ich fühle mich – verar..t!“
Direkt ohne Umschweife kam Sigurd
Senkel (FDP) zum Thema: „Beispiellos verantwortungslos“
beschimpfte er die Idee eines Haushaltsdefizits zugunsten stabiler
Kreisumlage, der Landrat geriere sich „hier als Zampano, als Retter in
letzter Not!“ Auf „den Druck von Parteigenossen und Bürgermeistern
flüchten Sie sich in die Verschuldung.“ • sia
Bildunterschrift
unter einem Foto des Landrates mit "Daumen hoch": "Bitte eine spontane
Geste für die Kreistagssitzung, Herr Landrat!". Am
Montagnachmittag zeigte Makiolla noch "Daumen hoch", denn am Morgen
hatte er mit Regierungspräsident Diegel das "44-Null-Projekt"
für eine stabile Kreisumlage ausgehandelt. Keine 24 Stunden
später flog es ihm um die Ohren.
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