aus Hellweger Anzeiger: Samstag, 20. Dezember 2008
Altbürgermeister Josef Wortmann wird
90
Erinnerungen
an die Kommunalreform und Zeiten ohne Schulden
Von Gabriele Hoffmann
OPHERDICKE • Als er in die Volksschule ging,
unterrichtete ein
Lehrer vier Klassen auf einmal. Als er Bürgermeister von
Opherdicke war, tagte der Rat abwechselnd in einer der drei
Gaststätten. Und als er Bürgermeister der noch jungen
Großgemeinde Holzwickede war, lag auf dem Haushalt keine
Schuldenlast. Josef Wortmann wird morgen 90 Jahre alt und kann viel
erzählen.
Dabei möchte der gebürtige Opherdicker eigentlich gar kein
großes Aufheben um seinen Geburtstag machen. Der Sonntag
gehört der Familie, Gäste kommen am Montag.
Josef Wortmann ist seit 40 Jahren CDU-Mitglied. Dem Rat der
selbstständigen Gemeinde Opherdicke gehörte er von 1952 bis
1967 an, war seit November 1956 dort Bürgermeister. Den
Zusammenschluss der Dörfer zur Großgemeinde hat er von
Anfang an miterlebt. Von 1968 bis 1979 war er Ratsmitglied, von
November 1969 bis Mai 1975 Bürgermeister von Holzwickede. Die
Kommunalreform 1968 haben einige alte Pohlbürger bis heute nicht
akzeptiert. Wortmann, der Opherdicker Ureinwohner, bleibt diplomatisch:
„Es musste sein. Das war nicht zu ändern." Auch über die
heutige Art, Politik zu machen, äußert er sich
zurückhaltend. „Wir haben früher gespart. Schulden gab es
nicht." Es sei aber auch ein leichteres Arbeiten gewesen damals, gibt
er zu. „Man war vernünftiger." Diese Wertung kann sich der
Politik-Senior dann doch nicht verkneifen und schickt sofort ein Lob
hinterher: „Holzwickede ist schöner geworden."
Heute hat er sich weitgehend zurückgezogen, besucht aber immer
noch regelmäßig die Treffen der Senioren-Union und
interessiert sich sehr für das Geschehen in Holzwickede und in der
Welt.
In seiner Amtszeit als Holzwickeder Bürgermeister wurde die
Hauptschule gebaut. Er hat dafür gesorgt, dass die kleinen
Straßen seitlich der Opherdicker Dorfstraße Namen bekamen.
Die Errichtung des Opherdicker Kindergartens war ihm ein großes
Anliegen. Er hat mitgewirkt an der Ausstattung der Feuerwehr und hielt
jede Woche eine Bürgersprechstunde im Rathaus ab.
Die beruflichen Pläne des Bauernsohns waren durch den Krieg etwas
durcheinandergeraten. Nach dem Abitur am Pestalozzigymnasium in Unna -
dorthin ist er mit dem Fahrrad gefahren - begann Wortmann sein Studium
in Bonn. Doch nach vier Semestern wurde der angehende Lehrer nach Hause
gerufen. Sein Bruder war gefallen. Josef Wortmann musste den Hof
übernehmen.
Erst später, als die Lehrerknappheit groß war, arbeitete
Wortmann dann doch noch als Lehrer, zunächst an der
Paul-Gerhardt-Schule, dann an der Dudenrothschule. Den Hof, den mit der
großen Sonne im Giebel, hat Sohn Franz-Josef übernommen. Die
Kühe haben Pferden Platz gemacht.
Der Altbürgermeister lebt in seinem eigenen Haus gleich hinter dem
Hof. Seit 16 Jahren ist er Witwer. Er hat zwei Söhne und eine
Tochter, die sich um den noch rüstigen Vater kümmern. Tochter
Monika hat allerdings jetzt das Fahrradfahren verboten. Mit dem Auto
ist Josef Wortmann, wenn auch langsam, aber immer noch unterwegs.
(Ersatz-Foto: CDU-Holzwickede)
Bildunterschrift
unter einem Foto von Josef Wortmann:
Von 1969 bis 1975 war er Bürgermeister der neuen
Großgemeinde Holzwickede. Noch heute liest er täglich unsere
Zeitung. Die Sport- und Politikseiten interessieren ihn am meisten.
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