aus Hellweger Anzeiger: Donnerstag, 23. September
2004
CDU zweifelt
an Prognose der Schüler
Eigene Lesart
zeigt Union stabil und die SPD als Verlierer
Von
Sebastian Smulka
HOLZWICKEDE • Der Schock der Wahlumfrage am Gymnasium
sitzt der CDU tief in den Knochen. Und doch fand sie einige
Ungereimtheiten.
CDU-Ratsherr Theo Jura ließ seinen Sohn, der selbst Lehrer ist,
über die komplette Auswertung des Gymnasiums gucken. „Und der
meinte, dass ihm irgendetwas merkwürdig vorkommt“.
Zumindest, wenn man allein die Grafiken betrachtet, die das Gymnasium
nach der ersten Pressemeldung ins Internet gestellt hat, ergibt sich
der Eindruck, dass das so genannte „Sample“ der Umfrage
überproportional SPD-lastig war. Der mögliche Fehler am CSG:
Die Schüler verglichen die Wahlaussagen mit den echten Ergebnissen
von 1999 – aber nicht mit dem 99er Wahlverhalten der Befragten.
So gaben 38,3 Prozent an, sie würden diesmal SPD wählen. Das
trifft einerseits genau das Wahlergebnis von 1999. Andererseits: Auf
die Frage, was die Befragten 1999 gewählt haben, gaben 45 Prozent
an, seinerzeit SPD gewählt zu haben. Mit anderen Worten: Ein Teil
der 99er SPD-Wähler wendet sich tatsächlich ab.
Analog dazu sei auch der Schluss, die CDU würde einbrechen, nicht
haltbar, meint der Unionsvorsitzende Frank Lausmann: Die Schüler
sagten voraus: 23,3 Prozent wollten CDU wählen – das wäre
zwar gegenüber dem tatsächlichen Ergebnis von 30,7 Prozent im
Jahr 1999 ein herber Verlust, aber: Die Befragtengruppe hatte 1999 auch
nur zu gut 23 Prozent die Union gewählt. Sie bliebe demzufolge
unverändert.
Böse sei man dem Gymnasium aber nicht, bekräftigt Frank
Lausmann: „Man redet so viel von Politikverdrossenheit bei den
Jugendlichen, und da ist grundsätzlich gut, wenn die Schüler
so eine Umfrage machen. Und irgendwie hat es unsere Wähler auch
aufgerüttelt.“
KOMMENTAR
Umfragen sind
keine Wahlen
„Trau keiner
Statistik, die Du nicht selbst gefälscht hast" so böse, wie
diese alte Politikerweisheit klingt, werden es die Gymnasiasten nicht
gemeint haben. Aber es ist ihnen ein handwerklicher Fehler unterlaufen,
der gestern für sehr viel Furore gesorgt hat.
Den Schülern
kann man dabei keinen Vorwurf machen. Statistik ist ein
eigenständiges Studienfach, und das wohl nicht umsonst. Immerhin
haben sie einen Forschergrundsatz vorbildlich erfüllt: Ihre Arbeit
öffentlich transparent zu machen, nämlich im Internet. Das
ertaubte es der CDU nun, die Ergebnisse in ein anderes Licht zu stellen
- und empirische Sozialforschung ist immer auch eine Frage der
Interpretation.
Wer am Ende Recht
behalt, zeigt sich am Sonntagabend. Immerhin decken die Zahlen des CSG
einen weiteren Befund auf (der leider auch nicht im Pressetext des CSG
stand): Als Lausmann und Rother andeuteten, es komme auch darauf
an, wie sehr die Parteien ihre Anhänger mobilisieren können,
hatten sie durchaus Recht: In der CSG-Umfrage hatten 85 der Befragten
erklärt, sie würden zur Wahl gehen. Tatsächlich waren es
beim letzten Mal nur 65,1 Prozent. Aber wer in einer Umfrage ein sozial
gewünschtes oder geächtetes Verhalten abfragt, muss nicht mit
ehrlichen Antworten rechnen.
Nur eine Zahl wollte die CDU gestern nicht offen angreifen: Dass Helmut
Krause laut Prognose nur 15,8 Prozent bekommen soll, stimmt die Union
bei aller Kritik an der Umfrage nicht wirklich hoffnungsvoll.
• Sebastian Smulka
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