aus Hellweger Anzeiger: Montag, 29.
September 2014
Kaserne
kann bebaut werden
FDP, BBL
und Grüne erringen Mehrheit, scheitern
aber dennoch – Geringe Wahlbeteiligung
Von Christian
Vormbrock
HOLZWICKEDE • Es
war genau 17.41 Uhr, als Uwe Detlefsen
gestern das mit Spannung erwartete
Ergebnis des Bürgerentscheids zur
Zukunft des Emscherkasernengeländes
präsentierte – und das sorgte für
einige Überraschungen.
Denn die Gegner des neuen Baugebietes,
welches SPD und CDU wie berichtet
anstreben, konnten mit 2409 zu 1408
Stimmen zwar eine deutliche Mehrheit bei
den abgegebenen Stimmen verbuchen –
diese reicht indes nicht.
Insgesamt hatten sich in den vergangenen
zwei Wochen nämlich 3821 der 14398
wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürger
zu der Frage „Soll der Beschluss zur
Aufstellung eines Bebauungsplanes für
den Bereich der Emscherkaserne
aufgehoben werden?“ per Kreuzchen
geäußert. Dies entspricht einer
Wahlbeteiligung von 26,64 Prozent. Da
bei einem Bürgerentscheid allerdings
nach dem Gesetz mindestens 20 Prozent
aller Wahlberechtigten das Anliegen
einer Beschlussaufhebung unterstützen
müssen, fehlten den Gegnern der Bebauung
um FDP, BBL und Grüne letztlich mehr als
400 Stimmen. „Es hätten mindestens 2880
Stimmen zur Beschlussaufhebung
gebraucht“, erklärte der Erste
Beigeordnete Uwe Detlefsen. Die
Knappheit des Ergebnisses spiegelte sich
dann auch deutlich in den ersten
Kommentaren der Parteien wider. „Wir
haben zwar unser Traumziel nicht
erreicht, aber es ist ein wirklich gutes
Ergebnis“, erklärte etwa der
Grünen-Fraktionschef Friedhelm Klemp.
Und Friedrich-Wilhelm Bernhardt von der
FDP kommentierte: „Ich fühle mich auch
ein bisschen als Gewinner, denn wir
haben eine deutliche Mehrheit erreicht.“
Knackpunkt sei in jedem Fall die geringe
Wahlbeteiligung gewesen. Diese monierte
auch Ulrike Drossel, die
Fraktionsvorsitzende des Bürgerblocks.
Doch sie stellte auch fest: „Die Politik
fühlt sich für die Bürgerinnen und
Bürger in Holzwickede jetzt besser an,
denn sie sind mit dem Bürgerentscheid
mehr eingebunden.“
Auf der Seite der Gewinner des Abends
war man sich der Knappheit des
Unterfangens ebenfalls durchaus bewusst.
„Wir sind zunächst einmal beeindruckt
vom Ergebnis“, sagte der
Fraktionsvorsitzende der
Christdemokraten Frank Markowski. Es
gelte jetzt, auch die Menschen, die
gegen die Bebauungspläne von SPD und CDU
seien, mit einzubinden. „Wir wollen ja
nicht auf Biegen und Brechen etwas
durchsetzen, sondern Politik mit den
Bürgern machen.“
Auch für Michael Klimziak, den
Fraktionsvorsitzenden der SPD, gehe es
jetzt vor allem darum, wieder einen
Dialog mit den anderen Parteien
aufzunehmen. „Außerdem müssen wir jetzt
unsere Hausaufgaben machen. Das heißt,
einen vernünftigen
Verkehrsentwicklungsplan auf den Weg
bringen“, erklärte Klimziak.
Bildunterschriften:
• Mehr als eineinhalb Stunden
dauerte es gestern, bis alle 3 821
Stimmzettel im Bürgerbüro
ausgewertet waren – ein Prozess, der
übrigens von allen interessierten
Bürgerinnen und Bürgern öffentlich
verfolgt werden konnte.
• Vor allem die Holzwickeder
Politik hatte sich zur Verkündung des
Auszählergebnisses gestern Abend im
Sitzungssaal des Rathauses versammelt.
Kommentar
Von
Christian Vormbrock
Bürgerwillen zügig umsetzenDie
oft zitierten Würfel sind gefallen: Auf
dem Gelände der ehemaligen
Emscherkaserne soll in den kommenden
Monaten ein Neubaugebiet entstehen. Das
ist das Ergebnis des ersten
Bürgerentscheids in der Holzwickeder
Geschichte. SPD und CDU wollen dadurch
vor allem Wohnraum für Familien
schaffen. Die Grünen, die FDP und der
BBL sehen die Holzwickeder Straßen durch
das Projekt indes vor dem
Verkehrsinfarkt. Nach monatelangem
Schlagabtausch, Infoabenden,
Wunderkerzenmärschen und Waffelbackerei
gilt es nun, Entscheidungen zu treffen,
zu handeln – allerdings
gemeinschaftlich. Denn eines hat diese
direkteste Form der Demokratie trotz
einer geringen Wahlbeteiligung deutlich
gezeigt: Die Skepsis vor der Bebauung
des Geländes ist in der Holzwickeder
Bevölkerung hoch.
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