aus Hellweger Anzeiger: Donnerstag, 06. Januar
2011
Unnaer Strom verschärft den
Wettbewerb
Was die
Verbraucher freut, gibt Spekulationen neuen Raum
Von Gabriele Hoffmann
HOLZWICKEDE • Strom
aus Kassel, Tübingen, Osnabrück, Hamm, Duisburg oder
Flensburg - alles ist möglich. Der Energiemarkt ist weit offen.
Das Internet macht den Anbieterwechsel leicht. Versorger RWE ist in
Holzwickede nicht konkurrenzlos. Dass jetzt die Stadtwerke aus der
Kreisstadt hier für ihre Stromfamilie werden, ist dem freien
Wettbewerb geschuldet. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.
Seit Monaten ist die interkommunale Zusammenarbeit zwischen Holzwickede
und Unna ein großes Thema. Bäderkooperation, Beteiligung an
der Wasserversorgung, Contracting-Vertrag, Konzessionsvertrag mit RWE
waren die Stichworte, die in der politischen Debatte des vergangenen
Jahres feste Plätze eingenommen haben.
Zum Jahresbeginn überraschten die Stadtwerke Unna (SWU) mit der
Mitteilung, Service und Stromprodukte jetzt auch Privatkunden in
Holzwickede anzubieten (wir berichteten). Nun sind die Stadtwerke nicht
gleich die Stadt Unna, sondern ein eigener Wirtschaftsbetrieb. Doch der
Eindruck, dass Unna über diesen Umweg schon mal einen Fuß in
die Tür stellen könnte, klang bei einer Blitzumfrage unter
den Fraktionsvorsitzenden gestern leise an. – Immerhin hält die
hundertprozentige Tochter der Stadt Unna, die Wirtschaftsbetriebe, 76
Prozent an den SWU. 24 Prozent gehören noch RWE. – Im Vordergrund
steht aber für alle der Vorteil für die Verbraucher.
Das neue Angebot ist für Rolf Kersting die positive Folge der
Liberalisierung des Energiemarktes. Der CDU-Fraktionschef sieht darin
eine Belebung des Marktes. Daraus eine Vorentscheidung in Sachen
Konzessionsvertrag oder interkommunale Zusammenarbeit herzuleiten, ist
für Kersting nicht relevant. „Das müssen wir alles auf uns
zukommen lassen.“
Die Grünen haben nie einen Hehl aus ihrem Interesse an mehr
Zusammenarbeit mit Unna gemacht. Dass der Wettbewerb auf dem Strommarkt
verstärkt wird, sieht Friedhelm Klemp nur positiv. „Die
Verbraucher sollen entscheiden“, sagte der Fraktionsvorsitzende.
Das sieht Edda Röther, Fraktionsvorsitzende der „jungeliste“,
ähnlich. „Jeder sucht doch seinen Vorteil. Das gibt einen Schub
für die Verbraucher.“ Ob der Vorstoß in einem Zusammenhang
mit der interkommunalen Zusammenarbeit steht, bleibt ihrer Meinung nach
abzuwarten. Wenngleich die „jungeliste“ mehr Zusammenarbeit
wünscht, um effizienter zu werden.
Die FDP ist von Hause aus für mehr Liberalisierung. Deshalb sieht
Jochen Hake zunächst die Wettbewerbsvorteile für die
Verbraucher. Aber: „Man kann annehmen, dass Unna einen Fuß in die
Tür stellen möchte, um die Position in den Verhandlungen zu
stärken.“ Den Gedanken an eine „taktische Vorgehensweise“ kann
Hake nicht gänzlich ausblenden.
Michael Klimziak hatte beim ersten Lesen ähnliche Gedanken, bzw.
ein „gewisses Geschmäckle“. Doch losgelöst von den
politischen Diskussionen sieht der SPD-Fraktionschef ebenfalls den
Vorteil für die Kunden. „Jeder will doch günstigen Strom.“
Deshalb steht er zur Liberalisierung des Energiemarktes und hält
das Angebot der Stadtwerke Unna für völlig legitim.
Einen „faden Beigeschmack“ hat die Ankündigung beim Fraktionschef
des Unabhängigen Bürgerblocks hervorgerufen. Das Angebot
stimmt Heinrich Schlinkmann nachdenklich, sei aber nicht zu
kritisieren. „Die Stadtwerke sind ein Stromanbieter wie viele andere
auch und versuchen Kunden zu gewinnen.“ Für Schlinkmann ist das in
erster Linie Marketing. Dass es zu einem Vertrag mit SWU kommen
könnte, wenn der Konzessionsvertrag mit RWE 2013 ausläuft sei
nicht auszuschließen, meinte Schlinkmann. Er erinnerte aber
daran, dass auch DEW21 sich bereits in Holzwickede tummelt.
RWE, SWU und DEW21
Die Dortmunder Energie und
Wasserversorgung GmbH liefert Wasser an die Wasserversorgung und
betreibt selbst das Netz in Hengsen und in Opherdicke.
Die RWE Westfalen-Weser-Ems AG
versorgt ungefähr 8000 Haushalte in Holzwickede mit Strom und Gas.
Außerdem unterhält RWE die Straßenbeleuchtung.
Die Stadtwerke Unna sind
ebenfalls keine Fremden in der Gemeinde. Das Fachwissen in Sachen
Fotovoltaik ist eingeflossen in die Beratung über eine Solaranlage
auf dem Dach des Gymnasiums. Und Bäderchef Stefan Petersmann
führt Gespräche mit den SWU, DEW21 und RWE über eine
Partnerschaft beim Bau eines Blockheizkraftwerks für das Freibad
Schöne Flöte.
Angebote
vergleichen
Das Internet
hilft dabei
Stromkunden
können sich im Internet einen schnellen Überblick über
die Leistungen der verschiedenen Anbieter verschaffen. Einen
umfangreichen Preisvergleich findet man bei verivox.de unter Eingabe
der Postleitzahl. Auf der Basis des ortsüblichen RWE-Tarifs
können Kunden die Preise anderer Lieferanten und die Differenz
vergleichen. Demnach lassen sich bis zu einigen Hundert Euro im Jahr
sparen. Die Stadtwerke Unna haben ein eigenes Portal für
Holzwickede eingerichtet www.watt-aus-unna.de. Der Tarifrechner spuckt
die Ersparnis zum RWE Klassik Strom aus. Bei einem Stromverbrauch von
4000 kw/h für eine Familie ist der Unnaer Strom demnach 117,86
Euro im Jahr günstiger. Mithilfe der Tarifrechner im Internet
können Kunden unter Dutzenden von Lieferanten wählen und
wechseln. Manche haben daraus ein echtes Hobby gemacht. Wie das neue
Angebot aus Unna einschlägt bleibt abzuwarten. •ho-
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