aus Hellweger Anzeiger: Freitag, 11.
Februar 2011
Auf den Beigeordneten warten mehrere
Baustellen
Die künftigen Kollegen in der
Verwaltung halten sich bedeckt
Von Gabriele Hoffmann
HOLZWICKEDE • "Neue
Besen kehren gut" - ein altes Sprichwort, das große Hoffnungen
und Erwartungen ausdrückt. Neuerungen können viel bewirken,
alte Strukturen aufbrechen, Veränderungen herbeiführen.
Ob es nur ein Spruch ist oder ob wirklich etwas dran ist an der
Weisheit, das wird sich in der Holzwickeder Verwaltung zeigen. Nach
langem Hickhack zwischen Verwaltung und Politik und in der Politik
selbst ist der Weg frei für einen neuen Mann an der
Verwaltungsspitze neben dem Bürgermeister. Die Vorentscheidung
fiel gestern Abend.
Seit drei Jahren, seit der Verabschiedung des früheren Ersten
Beigeordneten Max-Otto Kohl, fehlt ein Verwaltungsexperte auf der
obersten Ebene. Jenz Rother wird auch von Kritikern große soziale
Kompetenz zugesprochen, diese aber eben nicht als ausreichend
angesehen, um ein Unternehmen mit über 100 Mitarbeitern zu
führen. Dass das Stimmungsbarometer im Rathaus ein Tief erreicht
hat, merken auch Unbeteiligte. Dass die hausinterne Kommunikation nicht
flüssig fließt, wurde beim Fall Ratskeller deutlich.
Das Interesse im eigenen Hause an der ausgeschriebenen Stelle war
gering. Wunsch- und andere Kandidaten winkten ab.
Jetzt soll alles anders werden: Neue Motivation, mehr Vertrauen, offene
Worte, bessere Organisation in der Verwaltung, aber auch ein gutes
Miteinander mit der Politik – die Messlatte liegt hoch.
Während sich die Fraktionen zuversichtlich geben, halten sich die
Fachbereichsleiter bedeckt. Noch weiß keiner, wohin der Weg
führt und ob Veränderungen möglicherweise Einzelne
betreffen. Personalplanung und Organisation sind unter anderem
Aufgaben, die dem neuen Mann gestellt werden.
Personalratsvorsitzender Jürgen Straet äußert sich
ebenso wenig wie der Fachbereichsleiter vom Baubetriebshof, Bodo
Menges. Das gilt auch für Rudi Grümme, der in besonderem
Maß betroffen ist. Nach Kohls Pensionierung übernahm
Grümme dessen Aufgaben als Kämmerer. Von dem neuen
Beigeordneten wird nun ebenfalls Finanzkompetenz erwartet.
Jens-Uwe Schmiedgen, Fachbereichsleiter IV Technische Dienste, wartet
ganz entspannt ab. Er will auf den Ersten Beigeordneten „wie auf alle
neuen Kollegen offen zugehen“.
Uwe Detlefsen, Leiter des Fachbereichs II Bürgerservice,
amtierender Bürgermeistervertreter und nach Kohls Ausscheiden
Rothers absoluter Wunschkandidat für den Posten, äußert
sich nicht. Er hatte sich Anfang 2009 gegen eine Bewerbung entschieden.
Karl-Heinz Brock, Leiter des Fachbereichs 1 Zentrale Dienste, hat aus
verständlichen Gründen keine persönlichen Erwartungen
mehr. Brock verabschiedet sich am 15. April in den Ruhestand. Der neue
Beigeordnete (der zurzeit noch Leiter jenes Fachbereichs Steuerung und
Zentrale Dienste in Telgte ist) soll eventuell schon am 1. April im
Rathaus einziehen. Die Nachfolge Brocks ist offen. Frank Schwalbach
springt kommissarisch ein.
Bürgermeister Jenz Rother, der lange Zeit gegen die Besetzung der
Beigeordneten-stelle war, hofft nun auf Rückendeckung und
vertrauensvolle Zusammenarbeit. „Er soll für mich Ansprechpartner
sein.“ Rother ist optimistisch, dass wieder mehr Ruhe in die Verwaltung
einzieht und sich der Umgangston miteinander verbessert.
Bildunterschrift
unter einer Fotomontage der Rathausfront mit Besen: Neue Besen kehren
gut, glaubt der Volksmund zu wissen. Ob das auch in einer
Gemeindeverwaltung zutrifft, wird sich erst noch beweisen müssen.
Der Neue muss
vielseitig sein
Fraktionen
einigten sich gestern Abend auf Heribert Schönauer aus
Fröndenberg
Fünf
Ratsfraktionen sind sich in ihren Erwartungen an den neuen
Beigeordneten ziemlich einig.
Rolf Kersting (CDU)
erwartet gemäß Ausschreibungstext Fach- und
Führungskompetenz. Er soll kein besserer Kämmerer sein, aber
eine Anreicherung an der Verwaltungsspitze. Denn: „Der
Bürgermeister ist nicht von den Mitarbeitern oder der Politik
gewollt, sondern von den Bürgern gewählt. Er hat
Sozialkompetenz, ist aber kein Verwaltungsfachmann.“
Michael Klimziak
(SPD) erwartet, dass der Erste Beigeordnete neben dem
Bürgermeister die Fäden in der Verwaltung zusammenführt
und über sein Fachgebiet hinaus tätig ist, einen vielseitigen
Menschen, der Ansprechpartner für die Fachbereiche und Motor
für Ideen ist, der die Verwaltung repräsentiert und die Ideen
des Bürgermeisters umsetzt.
Jochen Hake (FDP)
erwartet ebenfalls eine Unterstützung an der Seite des
Bürgermeisters. „Unser Wunsch ist es, dass die Motivation in der
Verwaltung wieder steigt.“ Damit meint Hake ein besseres Miteinander
der Fachbereiche und eine funktionierende Zusammenarbeit mit dem
Bürgermeister. Die Liberalen hoffen, dass es mit der Verwaltung
nach vorne geht und Dinge, die noch brachliegen, wie zum Beispiel die
Eröffnungsbilanz, angestoßen werden.
1. Finanzen, 2. Personal, 3. Organisation – das sind die Schwerpunkte
die Heinrich Schlinkmann
(Bürgerblock) formuliert. Der Erste Beigeordnete soll die
Verwaltungsebene oberhalb der Fachbereiche abdecken, das
ausfüllen, was der gewählte Bürgermeister nicht
mitbringt, und „bei schwierigen Fragen und Entscheidungen
unterstützen“.
Edda Röther
(jungeliste) setzt auf ein neues Management der gesamten
Vorgänge in der Verwaltung und mehr Transparenz. „Es ist wichtig,
dass der neue Beigeordnete dafür sorgt, dass das
Kommunikationsproblem innerhalb der Verwaltung und mit uns
aufhört.“
Die Grünen bleiben bei
ihrer Haltung: „Wir brauchen keinen Beigeordneten.“ Sie werden den
Bewerber in der Ratssitzung nicht mitwählen. Gleichwohl wollen sie
die Zusammenarbeit nicht verweigern, versichert Friedhelm Klemp.
Gestern Abend einigten sich die Fraktionen (außer den
Grünen) erwartungsgemäß auf Heribert Schönauer aus
Fröndenberg, Fachbereichsleiter bei der Stadt Telgte, dort u. a.
zuständig für Öffentlichkeitsarbeit,
Personalangelegenheiten, Ratsangelegenheiten,
Städtepartnerschaften. „Wir gehen mit ihm in die Endausscheidung“,
sagte Jenz Rother zufrieden. Die breite Unterstützung in der
Ratssitzung am 3. März bei der Wahl ist also sicher.
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