aus Westfälische Rundschau: Samstag, 24.
April 2010
Opposition lehnt Stellenplan ab:
Personalpolitik ohne Konzept - Außenstände von
Ratskellerwirt Dota größer als angenommen
Bürgermeister
schwer in der Kritik
Von Peter Gräber
Holzwickede.
Der Ratskeller und die Personalpolitik des
Bürgermeisters sorgten für einen Paukenschlag im Haupt- und
Finanzausschuss. Während SPD-Fraktionschef Michael Klimziak im
öffentlichen Teil den Stellenplan kritiklos abnicken wollte,
hagelte es von der Opposition geschlossene, scharfe Kritik: Sie lehnte
den Stellenplan 2010 rundweg ab. Zum Auftakt mahnte CDU-Sprecher
Rolf Kersting zum wiederholten
Male ein fehlendes Personalkonzept und die Besetzung der Stelle des
Beigeordneten an. „Wie nötig ein solcher Beigeordneter ist, zeigen
gerade auch die Vorfälle um den Ratskeller, die im
anschließenden nichtöffentlichen Teil noch näher zu
besprechen sind.”
Heinrich Schlinkmann schlug in diese Kerbe: Insbesondere kritisierte
der Bürgerblock-Sprecher, dass der Stellenplan trotz
Haushaltssicherung erneut ausgeweitet wurde – obwohl formal eine halbe
Stelle weniger ausgewiesen wird. So sei zwar die Stelle des
Beigeordneten gestrichen worden, die seiner Assistenzkraft aber nicht.
Mehr noch: Es wurde auch noch eine zusätzliche Assistenzkraft
für den Bürgermeister eingestellt. „Statt einer halben Stelle
hätten es eigentlich zwei ganze Stellen weniger sein müssen:
die des Beigeordneten und seiner Assistenzkraft.” Obendrein sei die
Sekretärin des Beigeordneten nicht etwa ins Vorzimmer des
Bürgermeisters versetzt worden, sondern eine ganz neue
Assistenzkraft eingestellt worden. „Jetzt muss eine
Berufsanfängerin die erfahrenste und höchstbezahlte
Sekretärin im Rathaus vertreten. Warum, ist nicht
nachvollziehbar”, so Schlinkmann weiter. Dies belege einmal mehr, dass
Personalpolitik vom Bürgermeister „nicht nach
sachlich-organisatorischen Kriterien, sondern allein
personenabhängig” betrieben werde. Dass die neu eingestellte
Sekretärin Rothers die Tochter des ehemaligen Rathauswirtes ist,
verleiht dem ganzen Vorgang ein zusätzliches Geschmäckle.
Um die Abstimmungsniederlage abzuwenden, machte die SPD einen
Rückzieher: Der Stellenplan wurde mit ihren Stimmen zur weiteren
Beratung in den Arbeitskreis Haushaltssicherung vertagt.
Hinter verschlossenen Türen ging es danach um den Ratskeller. Hier
kam dann heraus, dass die Außenstände des Ex-Pächters
Pino Dota noch erheblich größer sind, als bislang bekannt.
Dabei ging es weniger um die rund 52 000 Euro Steuerschulden bei
Finanzamt, Berufsgenossenschaft und IHK, die letztlich dazu
führten, dass der Ratskeller geschlossen werden musste. Es ging
allein um die Außenstände der Gemeinde. Und wie sich zeigte,
kommen neben den Gewerbesteuerschulden von 49 176,62 Euro (wir
berichteten) weitere Pacht- und Gebührenrückstände in
fast ähnlicher Höhe hinzu. „Wir sind nur deshalb nicht im
sechsstelligen Bereich”, so Heinrich Schlinkmann, „weil
Säumniszuschläge und Zinsen noch gar nicht
berücksichtigt sind. Aber die wären auch lange verjährt.”
Denn die Forderungen der Gemeinde haben sich seit 2001 angesammelt.
„Eine Erklärung, warum über diese lange Zeit nichts
unternommen wurde, die Außenstände einzufordern, haben wir
trotz mehrmaliger Nachfrage nicht bekommen”, stellen Schlinkmann, aber
auch FDP-Chef Jochen Hake fest. „Wenn der Bürgermeister die
Verantwortung für diese skandalösen Vorgänge
übernimmt, muss er eigentlich auch für den Schaden gerade
stehen, der entstanden ist”, findet Schlinkmann. „Und vielleicht sollte
er auch mal darüber nachdenken, ob es nicht besser wäre, in
den Ruhestand zu gehen.”
Stellungnahme
des Holzwickeder Bürgermeisters zu den Vorgängen um den
Ratskeller
Bürgermeister
räumt schlimme Versäumnisse ein
Holzwickede.
Nach der
nichtöffentlichen Sitzung des Haupt und Finanzausschusses gab
Bürgermeister Jenz Rother folgende Stellungnahme ab, die wir hier
im Wortlaut veröffentlichen:
„Seit Wochen ist
die Situation des Ratskellers ein wesentliches Gesprächsthema in
Holzwickede. Als Bürgermeister unserer Gemeinde muss ich
einräumen, dass es innerhalb der Verwaltung im oben genannten Fall
über Jahre schlimme Versäumnisse gab, die letztlich zu einem
Schaden in fünfstelliger Höhe geführt haben. Im Februar
dieses Jahres hat das Finanzamt angeregt, aufgrund von
Unzuverlässigkeit des Pächters ordnungsrechtlich
einzuschreiten und dem Pächter die Konzession zu entziehen.
Das
Gewerbeuntersagungsverfahren wurde umgehend eingeleitet und in keinster
Weise behindert.
Dem Pächter
blieb letztlich kein anderer Weg, als einen Insolvenzantrag zu stellen.
Gleichzeitig legte er Rechtsmittel gegen die Schließung des
Lokals ein.
Umgehend nach
Verwaltungsgerichtsbescheid wurde das Lokal geschlossen.
Um den der
Gemeinde entstandenen Schaden so gering wie möglich zu halten,
haben wir bereits die zu Beginn des Pachtverhältnisses hinterlegte
Bürgschaft abgerufen und unsere Eigenschadenversicherung
eingeschaltet.
Die genaue
Höhe des Schadens wird erst nach Abschluss des Insolvenzverfahrens
exakt zu ermitteln sein. Da die Ursachen für das Zustandekommen
des Schadens noch nicht klar sind, werde ich umgehend das
Rechnungsprüfungsamt des Kreises Unna als unabhängige
neutrale Stelle mit einer Untersuchung der Angelegenheit beauftragen,
um eine Wiederholung absolut auszuschließen.
Mir werden
zukünftig monatlich alle Außenstände über 5000 €
vorzulegen sein, und wir werden gemeinsam entscheiden, wie damit
umzugehen ist.
Ich bedauere
zutiefst das Zustandekommen dieses Missstandes und weiß, dass ich
als Chef der Verwaltung letzte Verantwortung dafür trage.”
Jenz Rother, Bürgermeister
Kommentar
Mehr als
unglücklch
von Peter
Gräber
So angeschlagen
war Holzwickedes Bürgermeister noch nie in seiner Amtszeit: Jenz
Rother hat allerdings auch mehr als unglücklich agiert.
Nicht nur, dass er sich mit der Einstellung seiner neuen
Sekretärin nach außen hin angreifbar gemacht hat. Er soll,
wie es heißt, die Tochter Dotas auch am eigenen Personalrat
vorbei eingestellt haben.
Und was die Außenstände des Ex-Ratskellerwirtes angeht, gibt
es ja nur zwei Möglichkeiten: Entweder der Verwaltungschef hat
wirklich nichts davon gewusst. Dann hätte er seinen eigenen Laden
nicht im Griff. Oder er hat seine schützenden Hände über
einen persönlichen Freund gehalten. Das eine wie das andere
wäre kein Ruhmesblatt für Jenz Rother. Nur um die Dimensionen
zu verdeutlichen: Etwa ein Drittel aller Außenstände der
Gemeindekasse entfallen allein auf den ehemaligen Rathauswirt. Da
fällt es wirklich schwer, daran zu glauben, dass der Chef im
Rathaus davon nichts gewusst haben soll. |