aus Hellweger Anzeiger: Donnerstag, 02. Dezember
2010
Gesamtschule bleibt eine „Illusion“
Dr.
Rösner stellte Varianten für das Holzwickeder
Schulzentrum vor
Von Gabriele
Hoffmann
HOLZWICKEDE • Die
große Überraschung blieb aus. Seit der Zwischenbilanz im
September zum Schulentwicklungsplan hat Dr. Ernst Rösner keine
neue Patentlösung für die sich abzeichnende Schulmisere
gefunden.
Er gab gestern Abend im Schulausschuss die Empfehlung, in Holzwickede
das Gymnasium und die Hauptschule durch eine Gemeinschaftsschule mit
Sekundarstufe II zu ersetzen. Mit diesem Vorschlag war er auch
schon in
der Sitzung am 21. September angetreten. Auf der Basis aller
Schülerzahlen und Prognosen sowie schulrechtlichen
Möglichkeiten sieht der Leiter des Dortmunder Instituts für
Schulforschung keine andere Möglichkeit, das Ziel zu erreichen,
das da lautet: Kein Kind soll gezwungen sein, in auswärtige
Schulen zu pendeln.
Die Gemeinschaftsschule beginnt mit zwei Jahren Orientierungsstufe,
führt den integrativen Zweig aus der früheren Haupt- und
Realschule parallel zum Gymnasium bis Klasse sieben und steuert im
gymnasialen Zweig das Abitur an. Für Rösner der Kompromiss
zwischen traditioneller Dreigliedrigkeit und Gesamtschule. Vorteil: die
Anpassungsfähigkeit an geringere Schülerzahlen und die
Durchlässigkeit.
Der Verbundschule erteilte er
auf Dauer gesehen eine Absage, weil immer
weniger Grundschüler aufgrund des Bildungsanspruchs der Eltern zur
Haupt- oder Realschule wechseln und die Mindestgrößen
für eine Verbundschule bald nicht mehr erreicht werden.
Die Aufrechterhaltung eines zweizügigen Gymnasiums und Ersetzung
der Hauptschule durch eine Gemeinschaftsschule scheitert nach
Rösner, weil auch eine Gemeinschaftsschule in wenigen Jahren nicht
mehr die erforderlichen Schüler bekommt. Zwar wäre damit ein
Komplettangebot an Bildung geschaffen, aber die mindestens geforderte
Dreizügigkeit der Gemeinschaftsschule sieht er angesichts der
demografischen Entwicklung nicht gegeben.
Bleibt noch die Gesamtschule,
die jetzt sechszügig starten
könnte und nach dem Prognosezeitraum 2019/2020 vierzügig
enden würde. Sie wäre die einfachste Lösung. Aber – Dr.
Rösner schätzt die Gegebenheiten gut ein – eine Gesamtschule
bleibt für Holzwickede eine „Illusion, eine theoretische
Fingerübung“. Sie hätte bei den Holzwickeder Eltern nicht die
nötige Nachfrage, ist er sicher, da das Gymnasium einen guten Ruf
genießt.
Bei allen Überlegungen sind die künftigen Pendlerbewegungen
zu berücksichtigen, denn auch die auswärtigen Schüler
werden weniger.
Rösners bevorzugte Option „Gemeinschaftsschule mit Sekundarstufe
II“ braucht, da es sich noch um einen Schulversuch handelt, eine breite
politische Mehrheit, um genehmigt zu werden. Allerdings ist auch
bekannt, dass die Landesregierung aus diesem Modell eine Regelschule
machen möchte.
Und aktuell besteht kein Entscheidungsdruck. Das betonte Rösner
eindeutig.
Mit dem 139 Seiten dicken gelben Buch unterm Arm verließen die
Ausschussmitglieder gestern Abend die Sitzung. Die Fraktionen
können Dr. Rösner zu ihren Beratungen hinzuziehen. Er steht
auch den Schulen zur Verfügung. Den Entscheidungsträgern gab
er mit auf den Weg: „Es kommen schwere Zeiten auf Sie zu.“
Wenige Nachfragen kamen gestern aus dem Ausschuss, der so viele
Zuhörer hatte wie nie. Nur eine kritische Anmerkung aus der CDU,
die ja bekanntlich die Verbundschule schon favorisiert hat, sonstige
Stellungnahmen der Fraktionen wurden vertagt.
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