aus Hellweger Anzeiger: Donnerstag, 23. September
2010
In den Schulen bleiben immer mehr
Stühle frei
Zwischenbericht betrachtet nur den
Standort Holzwickede
Von Gabriele
Hoffmann
HOLZWICKEDE • Verschiedene
Lösungen, keine Bewertung, Beschreibung - Schulforscher Dr. Ernst
Rösner stellte in einem Sachstandsbericht zur
Schulentwicklungsplanung die ersten Zahlen vor. Er blieb betont
sachlich, um gar nicht erst eine ideologische Diskussion aufkommen zu
lassen.
Dem Schulplaner eilte in Holzwickede der Ruf des Hauptschulgegners und
Gesamtschul- befürworters voraus. „Ich habe nur eine Gesamtschule
gegründet, aber zwei Gymnasien“, meinte er als im Laufe des
Vortrags vor dem Schulausschuss am Dienstagabend unweigerlich die
Gesamtschule auf den Bildschirm kam.
Zunächst stellte Rösner die Prognosen für die
Entwicklung der Schülerzahlen vor. Sie basieren auf dem zu
erwartenden Geburtenrückgang und treffen zunächst einmal die
Grundschulen. Bis zum Jahr 2015 sinkt demnach der Versorgungsbedarf auf
5,2 Züge. Die Reduzierung auf drei Standorte wäre laut
Rösner bedarfsgerecht und denkbar. Allerdings beschwichtigte er
sofort, dass bei Schulschließungen auch Konsequenzen zum Beispiel
für den Schulweg der Kinder zu bedenken seien. Den Bedarf einer
Grundschule will Rösner nicht nur von den Schülerzahlen
ableiten.
2019 bekommen die weiterführenden Schulen die Auswirkungen der
Geburtenrückgänge zu spüren, wenn nur noch 111 Kinder in
die 5. Klasse wechseln. Die Hauptschule dürfte dann nur 1,5
Eingangsklassen füllen, das Gymnasium 2,2. Im Gymnasium verbessern
zurzeit noch die Einpendler die Statistik. Rösner: „Holzwickede
ist ein begehrter Standort für auswärtige Gymnasiasten.“ Aber
das kann sich ändern. Denn auch die umliegenden Kommunen
kämpfen um ihre Schüler. Eine Bestandsgefährdung
für das Clara-Schumann-Gymnasium sieht er trotzdem nicht. Sicher
dürfte aber sein, dass die Hauptschule deutlich mehr verliert als
das Gymnasium. Ob die jetzt ermittelten Zahlen in ein paar Jahren
tatsächlich so konkret eintreten, bleibt abzuwarten. Dr.
Rösner: „Eltern halten sich nicht an Prognosen. Das muss man
ehrlicherweise sagen.“
Als Maßnahmen legte Rösner mehrere Vorschläge für
die weiterführenden Schulen vor. Dafür gibt es verschiedene,
im Grunde nicht unbekannte Planspiele: Gymnasium und Verbundschule aus
Haupt- und Realschule; Gymnasium und Gemeinschaftsschule; Ersetzen von
Gymnasium und Hauptschule durch eine Gesamtschule oder Ersetzten der
vorhandenen Schulen durch eine Gemeinschaftsschule mit Sekundarstufe II.
Die Gemeinschaftsschule, die von der rot-grünen Landesregierung
jetzt als Modellversuch gefördert wird, bietet die Chance, von der
5. Klasse bis zum Abitur alle Kinder im Schulzentrum zu halten. Die
Entscheidung nach der zweijährigen Orientierungsphase ist nicht
endgültig. Die Kinder könnten auch später noch zwischen
dem gymnasialen Zweig und dem integrativen Zweig Hauptschule/Realschule
hin und her, müssten aber nicht den Schulstandort wechseln.
Eine Patentlösung sieht auch der Schulforscher nicht. Wenn alle
Kinder in Holzwickede beschult werden, fehlen diese Kinder in der
Nachbarstadt Unna.
Die Schulentwicklungsplanung soll ein Kooperationsprojekt der beiden
Nachbarkommunen werden. CDU-Ratsmitglied Winfried Hardung war deshalb
mit dem Vortrag nicht ganz zufrieden. „Wo ist die Gemeinsamkeit mit
Unna, wo ist das Mehr?“, vermisste er konkrete Aussagen zur Situation
in Unna. Und da war er wohl nicht der einzige.
Dr. Rösner wird nach eigenen Aussagen, in Kürze einen Vortrag
im Unnaer Ausschuss halten. Danach sollte geklärt werden, welches
Modell für welchen Schulträger geeignet ist und welche
Auswirkungen es auf die andere Stadt hat.
Bildunterschrift
unter einem Foto des Schulzentrums: Die Hauptschule ist mit 45
Anmeldungen stark in das Schuljahr 2010/2011 gestartet. Die Prognosen
für die kommenden zehn Jahre können daran nicht
anknüpfen. Die Hauptschulen leiden stärker als die Gymnasien
unter dem allgemeinen Schülerrückgang.
Bildunterschrift
unter einem Foto von Dr. Rösner: Dipl.-Pädagoge Dr. Ernst
rösner vom Institut für Schulentwicklungsforschung der
Universität Dortmund arbeitet am neuen Schulentwicklungsplan
für die Gemeinde.
Bildunterschrift unter einem Foto eines leeren Klassenraums: Leere
Klassenzimmer werden auch in Holzwickede zur Realität.
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