aus Hellweger Anzeiger: Samstag, 04. September
2010
Rother prescht vor in Sachen Beigeordneter
Verwaltungsvorlage sorgt für Wirbel
von Gabriele
Hoffmann
HOLZWICKEDE • Nun
also doch! Die Gemeinde bekommt wieder einen Ersten Beigeordneten. Eine
entsprechende Verwaltungsvorlage sorgte gestern für Wirbel,
dennoch zeichnet sich bereits eine Mehrheit für den unerwarteten
Vorstoß von Bürgermeister Jenz Rother ab
Die Vorlage wurde erst gestern mit der
Ratspost verteilt, der Flurfunk
war wieder einmal einen Takt schneller. Und so mokierte sich Heinrich
Schlinkmann, Fraktionsvorsitzender des Bürgerblocks, am
Donnerstagabend am Ende der Sitzung des Arbeitskreises
Haushaltssicherung und gestern öffentlich darüber, dass
Rother seinen Vorschlag nicht vorher mit den Fraktionsvorsitzenden
abgestimmt hat.
Der Verwaltungschef möchte die Stelle von Max-Otto Kohl, der vor
zwei Jahren pensioniert wurde, nun doch wieder besetzten. Bislang gilt
noch die mehrheitlich beschlossene Übergangslösung mit dem
allgemeinen Bürgermeisterstellvertreter. Die Kohl-Nachfolge sollte
ursprünglich nach der Kommunalwahl entschieden werden. Doch nach
dem SPD-Wahlsieg bildete sich eine SPD-FDP-Grüne-Mehrheit gegen
die Wiederbesetzung der Stelle heraus.
Aufgrund der schwierigen finanziellen Situation der Gemeinde und weil
der Leiter des Fachbereichs Zentrale Dienste 2011 in die Altersteilzeit
geht, sieht nun auch Rother die Notwendigkeit die Verwaltungsspitze zu
stärken. Im Gespräch mit der Redaktion gab er gestern ehrlich
zu, dass der Fall Ratskeller ein weiterer Grund für sein Umdenken
war. Insgesamt sei der Druck auf ihn und den Kämmerer Rudi
Grümme immer stärker geworden. Deshalb müsse eine
Fachkraft mit Finanzkompetenz her, was nicht die „Entmachtung“ des
Kämmerers bedeuten solle.
„Ich brauche einen Libero, der mir den Rücken frei hält“,
sagte Rother. Und der soll von außen kommen. Ein Jahr nach seiner
dritten Wahl zum Bürgermeister hat Rother die Zukunft im Visier:
„Mein Ziel ist, eine gut funktionierende Verwaltung zu übergeben.“
Dem nun zur Diskussion gestellten Beschlussvorlage sei ein langer
Prozess vorausgegangen. „Man muss auch umdenken dürfen!“ Seine
eigene Fraktion musste er erst überzeugen. Die Positionen der
übrigen Fraktion waren bekannt. •
Kommentar
Reaktionen von
Jubel bis Kritik
Dennoch reagierten
der Bürgerblock und die Grünen gestern heftig und mit
Unverständnis. Friedhelm Klemp hält die Ausgabe für die
Stellen angesichts der Haushaltsprobleme für unverantwortlich und
erkennt auch kein Aufgabenfeld für einen Beigeordneten. „Was soll
der denn machen? Es läuft doch.“
Der BBL, bislang Verfechter der Stelle, kritisiert die Vorgehensweise
des Verwaltungschefs. Ein eindeutiges Ja war gestern nicht zu
hören. Schlinkmann stellte die Vermutung in den Raum, dass die
Stelle ein „Versorgungsposten“ sein soll und warf Rother
„Geheimdiplomatie wie bei der Wasserversorgung“ vor.
Die FDP wundert sich über den „Schnellschuss“ ohne dass ein
Personalkonzept vorliegt. Die Liberalen wollen die Stelle zwar
grundsätzlich nicht abschaffen, aber Fraktionsvorsitzender Jochen
Hake geht jetzt erst einmal mit Skepsis an die Sache heran. CDU und
„jungeliste“ dagegen jubeln. Rolf Kersting zum Sinneswandel des
Bürgermeisters: „Manche Dinge brauchen Zeit.“ Und Edda
Röther: „Die Eskapaden der letzten Monate haben gezeigt, dass wir
einen Beigeordneten brauchen.“
Michael Klimziak erklärt das Einlenken seiner Fraktion so: „Wir
haben kompetente Fachbereichsleiter, aber offensichtlich fehlt ein
Mensch, der die Fäden in der Hand hält.“
Der Hauptausschuss beschäftigt sich am Donnerstag mit dem Thema.
Nach Rothers Zeitplan könnte der Rat am 16. Dezember bereits den
1. Beigeordneten oder die 1. Beigeordnete wählen.
• ho-
Bildunterschrift
unter einem Foto des Rathauses: Im Rathaus fehlt ein Mensch, der die
Fäden zusammenhält."
KOMMENTAR
Umdenken
erlaubt
Dass er alles
alleine machen will und keinen neben sich duldet, wird Jenz Rother
häufig vorgeworfen. „König Jenz“ das ist sein offen
ausgesprochener Spitzname. Diesem machte er nach der gewonnenen
Kommunalwahl mit der Ankündigung, die freie Stelle in der
Chefetage des Rathauses vorerst nicht besetzen zu wollen, alle Ehre.
Immerhin hatte er mit den Grünen, der FDP und seiner Hauspartei
eine Mehrheit in Sachen Beigeordneter hinter sich.
Doch dann überschlugen sich die Ereignisse. Die
Ratskeller-Affäre und die sich zuspitzende Finanzlage sorgten
für Turbulenzen und kratzten am Image des Bürgermeisters und
der Verwaltung.
Jetzt hat Rother reagiert und taktisch klug zugegeben, dass er
Unterstützung an der Verwaltungsspitze braucht.
Aus Fehlern lernen, umdenken – das muss erlaubt sein, wird gemeinhin
gar als Tugend bewertet. Und das steht besonders einem
Verantwortungsträger gut zu Gesicht.
Ob die Politik damit umzugehen weiß, das wird sich in der Sitzung
des Hauptausschusses zeigen.
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