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aus Hellweger Anzeiger: Freitag, 18. Dezember 2009

„Behinderte haben Recht auf Teilhabe“

Hubert Hüppe will als Behindertenbeauftragter politische Ziele in eine gerechtere Lebenspraxis umsetzen

Der neue Behindertenbeauftragte der Bundesregierung, Hubert Hüppe (CDU), will Behinderte bei der Verbesserung ihres Lebensalltags unterstützen und dafür "dicke Bretter bohren". Es gehe bei der Vertretung der Interessen von Behinderten im Alltag "um zentrale Menschenrechte und das Recht auf Teilhabe einer Gruppe, die wie jede andere mitten im Leben steht" - so Hüppe im Gespräch mit unserer Zeitung.

   Ihr Amt hört sich ein wenig nach einem gut gemeinten Alibi-Job an nach dem Motto: Steht uns
   gut zu Gesicht, hat aber wenig zu sagen...

Hubert Hüppe: Mit einer Alibi-Funktion lasse ich mich nicht abspeisen. Der Behindertenbeauftragte ist einer derer, dessen Amt im Gleichstellungsgesetz festgelegt ist. Und ich bin überzeugt, dass man in diesem Amt eine Menge bewegen kann, auch wenn man dicke Bretter bohren muss und keine Gesetze erlassen kann. Ein Ziel ist es beispielsweise, die UN-Konvention über Rechte behinderter Menschen in Deutschland voll in die Lebenspraxis umzusetzen.

    UN-Konvention klingt eher nach Lebensferne denn nach Lebenspraxis...
Hüppe: So habe ich anfangs auch gedacht: Vielleicht wird es nach der Ratifizierung in diesem Jahr ja eine kurze Pressemeldung geben, und dann war es das. Die Realität aber ist schon jetzt eine andere. Wenn ich sehe und höre, wie viele Verbände, die sich mit den Rechten – oder leider meist fehlenden Rechten – Behinderter auseinandersetzen und sich an dieser Konvention orientieren, dann macht mich das schon optimistisch. Das Auftreten hat sich geändert. Es geht bei den Hinweisen auf Barrieren, die Behinderten das Leben erschweren, nicht mehr nur um die Bitte: „Bitte seid so gnädig und baut uns eine Rampe zum Rathaus.“ Es geht vielmehr um verbriefte Menschenrechte und das Recht auf Teilhabe einer Gruppe, die wie jede andere mitten im Leben steht.

   Werden die Rechte Behinderter durch fehlende Aufmerksamkeit nicht oft in die Defensive
   gedrängt?

Hüppe: Leider ja. Nehmen Sie ein Beispiel aus dem Alltag: Ist eine Rampe für Behinderte auf lokaler Ebene wichtiger als ein Projekt aus dem Bereich Denkmalschutz? In dieser Interessenabwägung kam ein Denkmal bisher häufiger gut weg, weil Denkmalschutz eher im Fokus der Öffentlichkeit stand. Das ändert sich inzwischen langsam, aber nachdrücklich.

   Haben Behinderte in der breiten Öffentlichkeit überhaupt eine Lobby?
Hüppe: Auch wenn ich einer der Lobbyisten dieser Gruppe bin – wir sind zu wenige. Es gibt grundlegende Ansprüche Behinderter – nur ist es ungleich schwieriger, sie durchzusetzen, weil man auf Behördenseite gern von einem zum anderen geschickt wird. Häufigstes Problem: Niemand ist oder fühlt sich wirklich zuständig. Und all die Regeln, die im Sozialgesetzbuch für die Rechte Behinderter zusammengefasst sind, werden vor Ort noch lange nicht so angewandt. Ein Beispiel sind die gemeinsamen Service-Stellen, von denen es in jedem Kreis eine geben muss. Aber wer weiß denn schon, wo die in seinem Umfeld zu finden ist?

   Werden diese Stellen den an sie gestellten Ansprüchen denn auch gerecht?
Hüppe: Der Grundgedanke ist gut und schön: Beratung aus einer Hand, ob es nun um eine Pflegefrage, um Hilfsmittel oder um den Besuch einer Regelschule für ein behindertes Kind geht. Die Realität ist eine andere: Ein Träger hat sich breitklopfen lassen, eine solche Stelle einzurichten. Jetzt versucht er, nicht erkannt zu werden, denn wenn plötzlich alle Betroffenen mit ihren Wünschen zu ihm kämen, wäre er schnell überfordert. Nächstes Beispiel ist das sogenannte persönliche Budget: Seit 2008 gibt es für Behinderte das Recht, sich für die Bewältigung ihres Alltags statt Sachleistungen Geld auszahlen zu lassen, um etwa selbst Hilfspersonal einzustellen. Die Umsetzung aber wird so kompliziert gemacht, dass die Menschen weniger Vertrauen in das Angebot als Angst vor dem Aufwand haben. Also macht von den vielen tausend, die Anspruch auf ein persönliches Budget hätten, kaum jemand davon Gebrauch. Fazit: Am grünen Tisch wird viel Gutes erdacht, das vor Ort schwierig zu realisieren ist. Und gerade bei Behinderten ist die Kraft, sich Widerständen entgegenzustellen, oft begrenzt.

   An wen richtet sich Ihr Vorwurf zuerst?
Hüppe: Es gibt ein Dickicht von Verfahrensvorschriften zu lichten, an denen zu viele Betroffene scheitern. Und ich weiß nicht, ob wirklich jedem Menschen in einer Behörde, der mit dem Anliegen eines Behinderten konfrontiert wird, die Problematik und das Einzelschicksal dahinter wirklich bewusst ist. Mitunter habe ich den Eindruck, dass mancher von denen, die hinter dem Schreibtisch sitzen, sogar darauf spekulieren, dass der Mensch auf der anderen Seite möglichst schnell aufgibt.

   Ein Beispiel?
Hüppe: Ich bin selbst im Bundesvorstand der Lebenshilfe aktiv. Und ich erlebe allzu oft, dass Eltern dann, wenn es um den Schulbesuch eines behinderten Kindes in einer Regelschule geht, viel zu früh die Flinte ins Korn werfen. So lange man sich konform und bescheiden verhält, geht alles. Stellen Sie sich aber mal hin und sagen: „Ich habe ein Recht auf gemeinsamen Unterricht!“ Schon wird alles ganz, ganz schwierig...

   Weil es unbequem ist?
Hüppe: Weil es unbequem ist – und weil die Menschen in einem anderen System groß geworden sind. Vor ein paar Jahrzehnten gab es für Kinder mit Behinderungen noch nicht einmal eine Schulpflicht. Dann haben Eltern dafür gekämpft, und es wurden reihenweise Sonderschulen gebaut.
Heute kämpfen viele dafür, dass die Kinder nicht mehr nur in den Sonderschulen verbleiben, sondern auf Regelschulen gehen. Aber auch da stelle ich fest, dass die eingangs erwähnte UN-Konvention als Ansporn wirkt: Auch jene, die Leistungen für Behinderte erbringen wie Caritas oder Diakonie bewegen sich und machen sich für mehr Gleichstellung stark. Und das sind Dinge, die mir Mut machen.


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