aus Hellweger Anzeiger: Freitag, 19. Juni
2009
Geschätzte
vier Millionen Euro fehlen ab 2010
Kürzung der freiwilligen Leistungen
kein Mittel zur Haushaltssanierung
Von Gabriele Hoffmann
HOLZWICKEDE •
Das aktuelle Haushaltsdefizit von 2,7 Millionen Euro wird in den
nächsten Jahren anwachsen. Trotzdem ist Kämmerer Rudi
Grümme noch optimistisch, die Gemeinde an der Haushaltssicherung
vorbeisteuern zu können.
Die alljährliche Mai-Steuerschätzung des Arbeitskreises von
Fachleuten aus dem Bundesministerium für Steuern und Wirtschaft,
den Länderfinanzchefs und unabhängigen Experten sagt der
Gemeinde Holzwickede Minuseinnahmen aus dem Anteil der Einkommens- und
Gewerbesteuer für den Zeitraum 2010 bis 2012 in Höhe von bis
zu 4,5 Millionen Euro voraus.
Der große Einbruch kommt noch nicht in diesem Jahr. Noch
können die fehlenden Einnahmen (rund 400000 Euro) aufgefangen
werden. Aber dann muss der Rotstift erneut gespitzt werden.
Wo er angesetzt wird, das muss die Politik entscheiden. Der
Kämmerer hält sich da zurück. Er weist darauf hin, dass
die jetzt kursierenden Zahlen ohnehin nur Schätzungen seien. Die
Haushaltssicherung sieht Grümme noch nicht.
Bei der Gewerbesteuer kann er den Ansatz in diesem Jahr halten.
Einbrüche erwartet er zwar für die nächsten Jahre,
allerdings kann er weiterhin auf einige „potenzielle Steuerzahler“ aus
den Gewerbegebieten setzen. Die Branchenmischung in Holzwickede macht
sich da vorteilhaft bemerkbar.
Anders als in manchen anderen Städten und Kreisen schaut man in
Holzwickede nicht so pessimistisch in die Zukunft. Hier sind vor allem
die sogenannten freiwilligen Leistungen das absolute Tabuthema.
Unisono ist von allen Fraktionen dazu ein klares Nein zu hören.
Das hat schon 1998 Wilfried Brinkmann beim Einzug in den Rat zur
Bedingung gemacht. Und für den Unabhängigen Bürgerblock
wäre ein Kürzen an dieser Stelle auch heute „überhaupt
nicht denkbar“. Da gäbe es andere, zurzeit nicht bezahlbare
Vorhaben, die im Haushalt gestrichen werden könnten.
Bernd Busemann von der Jungen Liste glaubt zwar, dass die jetzt
genannten Zahlen nur „die Spitze des Eisbergs“ sind, würde aber
freiwillig die Zuschüsse an Vereine und Kindergärten nicht
streichen. Busemann befürchtet allerdings, dass die Gemeinde „auf
dem besten Weg in die Fremdverwaltung durch die Bezirksregierung“ ist.
Er fordert einen sofortigen Stopp von nicht notwendigen
Maßnahmen. Dazu gehört für die Junge Liste in erster
Linie die weitere Verschönerung der Unterführung.
Trotz der neuen Zahlen gibt es für SPD-Fraktionschef Michael
Klimziak „keinen Handlungsbedarf“. Das ehrenamtliche Engagement wollen
die Sozialdemokraten nicht ausbremsen. Außerdem sei die Gemeinde
früher schon in der Haushaltssicherung gewesen, ohne die
Leistungen gekürzt zu haben, erinnert Klimziak.
„Der Anteil der freiwilligen Leistungen ist so gering, dass daran der
Haushalt nicht gesunden kann“, sagt CDU-Fraktionschef Rolf Kersting Die
CDU will an diesem Posten auf absehbare Zeit nicht rütteln.
Das sieht Grünen-Fraktionschef Friedhelm Klemp genauso. „Das
Ehrenamt ist unser Kapital.“ Die Zuschüsse sind für ihn die
Anerkennung dieser Leistungen. Und auch den Kindergärten und
Offenen Ganztagsschulen wollen die Grünen die Unterstützung
künftig nicht verweigern.
Die FDP-Fraktion hält die Vereinsarbeit als kulturellen Beitrag
zum Gemeindeleben hoch. „Das zeichnet Holzwickede aus.“ Fraktionschef
Jochen Hake weiß zwar aus Erfahrung: „Man sollte niemals nie
sagen“, aber die Liberalen wollen auch zuerst an anderen Stellen
sparen, wenn nötig. An die freiwilligen Zuschüsse würden
sie erst „in allerletzter Sekunde denken“. Im Übrigen warnt Hake
vor einem allzu pessimistischen Blick in die Zukunft.
Bildunterschrift
unter einem Foto von Rudi Grümme: Kämmerer Rudi Grümme
schaut nicht so pessimistisch in die Zukunft wie manche seiner Kollegen.
Bildunterschrift
unter einer Ansicht des ECO-Ports: Die Gewerbegebiete in der Gemeinde
sind immer noch eine gute Einnahmequelle. Dank des Branchenmix brechen
die Gewerbesteuereinnahmen hier nicht so drastisch weg wie in
Städten, die sich auf einen Industriezweig konzentriert haben.
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