Podiumsdiskussion
"Zukunft Schule" am 10. April 2008
Die KAB
(Katholische Arbeitnehmerbewegung) und die Kolpingfamilie luden alle
Bürger am Donnerstag, 10. April 2008 zu einer
Podiumsdiskussion mit Landtagsabgeordneten aller Parteien ins Forum des Schulzentrums ein.
Für die CDU war Bernhard
Recker, Schulpolitischer Sprecher und stellvertretender
Vorsitzender der Landtagsfraktion anwesend.
(Foto: Dieter
Ewerth, CDU-Holzwickede)
aus Hellweger Anzeiger: Samstag, 12. April 2008
Schule der Zukunft ist eine Frage der
Ideologie
Geringes Interesse an Podiumsdiskussion -
Parteien halten an Positionen fest
Von Gabriele Hoffmann
HOLZWICKEDE • Gemeinschaftsschule gegen
Dreigliedrigkeit, die vier Landtagsparteien bewegen sich keinen
Zentimeter von ihren Positionen weg. Das wurde bei der
Podiumsdiskussion im Forum des Schulzentrums nur allzu deutlich.
Kolpingsfamilie
und KAB hatten zu dem eigentlich aktuellen Thema „Zukunft Schule"
eingeladen.
Wolfgang
Große-Brömer (SPD), Sylvia Löhrmann (Grüne), Dr.
Paul Reiter (FDP) und Bernhard Recker diskutierten mangels Publikums
(keine 50 Gäste) überwiegend mit sich selbst. Alle vier sind
gestandene Pädagogen und nutzten ihre eigenen Erfahrungen, um die
jeweiligen Vorzüge und Nachteile der verschiedenen Schulsysteme zu
bekräftigen.
Die grüne
Politikerin Löhrmann hält das mehrgliedrige Schulsystem
für sozial ungerecht und verweist auf das gute Abschneiden
Finnlands in der Pisa-Studie. Dort stehe das Kind im Mittelpunkt nicht
die Institution. Ganztagsunterricht ist für sie ebenso wie
für den SPD-Kollegen Große-Brömer eine wichtige
Voraussetzung für eine optimale Förderung von
Schülerinnen und Schülern. Große-Brömer ist
überzeugt, dass sich das Hauptschulsterben fortsetzen wird, weil
Eltern den höchstmöglichen Bildungsabschluss für ihre
Kinder wollen. Andererseits beklagt er, dass zu viele Jugendliche mit
Hochschulreife entlassen werden, obwohl das Handwerk und die Wirtschaft
Fachkräfte suchen.
Der Liberale Dr.
Reiter hat 17 Jahre Gesamtschulerfahrung und unterrichtet jetzt an
einem Gymnasium. Kleinere Klassen, Ganztagsbetrieb, mehr
Sprachförderung für Ausländer sind seine Forderungen.
Die Gesamtschule hält er für defizitär, weiß aber
auch, dass keiner mehr die Hauptschule will. Ob eine Schule gut oder
schlecht ist - Hauptschule oder Gesamtschule - hängt seiner
Meinung nach von der Persönlichkeit der Leitung und der Lehrer ab.
Reiter ist sicher, dass die meisten Menschen in Deutschland Realschule
und Gymnasium wollen.
Als Verfechter der
Hauptschule forderte CDU-Mann Recker die Veränderung der
Rahmenbedingungen. Die Anmeldezahlen werden weiter steigen, wenn die
Hauptschule Ganztagsschule wird, sagte er voraus. Frühe
Sprachförderung und Vorbereitung auf den Beruf sind für ihn
wichtige Punkte.
Die Diskussion war
mangels einer breiten Publikumsmischung durch und durch ideologisch
geprägt. Die CDU war stark vertreten, sah sich mit ihrem
Abgeordneten natürlich auf einer Linie und bestätigt.
Im Übrigen
gerieten die Podiumsteilnehmer untereinander immer wieder in
Streitgespräche.
Mit Spannung
erwartet wurden die Lösungsvorschläge für das
Holzwickeder Schulzentrum.
Große-Brömer
würde alle Holzwickeder Kinder bis zum 6. Jahrgang gemeinsam
unterrichten und dann erst auf andere Schulformen verteilen. Das
Schulzentrum eignet sich seiner Meinung hervorragend für eine
Gemeinschaftsschule.
Löhrmann
setzt zumindest vor Ort auf eine pragmatische Lösung: Wenn hier
die Mehrheiten für eine Haupt- und eine Realschule sind, sollte
das möglich sein und dafür notfalls auch das Gesetz
geändert werden.
Die Realschule
anzugliedern, empfiehlt auch Dr. Reiter. Und Recker rät, der
Hauptschule ein Gesicht und damit den Kindern eine Perspektive zugeben.
Klar wurde in der
gesamten Diskussion auch, dass vieles in der Bildungs- und Schulpolitik
am Geld scheitert. Dies zu ändern, gab Markus Schmitz (Kolping),
der gemeinsam mit Dieter Hallas (KAB) die Diskussion leitete, den
Gästen mit auf den Weg nach Düsseldorf.
Bildunterschrift
unter einem Foto der Podiumsteilnehmer: Wolfgang
Große-Brömer (SPD), Sylvia
Löhrmann (Grüne), Dr. Paul Reiter (FDP) und Bernhard Recker
(v.l.)
diskutierten über die Schulpolitik in Nordrhein-Westfalen.
Bildunterschrift unter einem Foto des
Auditoriums: Viele Stühle bleiben am Donnerstagabend im Forum
leer. Junge Eltern und Lehrer fühlten sich offenbar von der
Einladung nicht angesprochen.
Enttäuschung
bei KAB und Kolpingsfamilie
3000 in
Kindergärten und Schulen verteilte Handzettel, Ankündigungen
in verschiedenen Medien halfen nicht, Eltern, Politiker und eigene
Mitglieder in großer Zahl ins Forum zu bewegen - Theo Jura zog
gestern Bilanz der Gemeinschaftsveranstaltung von KAB und
Kolpingsfamilie. Er hatte bereits am Donnerstagabend angesichts der
leeren Stuhlreihen seiner tiefen Enttäuschung Luft gemacht. Vor 20
Jahren bei einer ähnlichen Diskussion zur Gesamtschule „ging es heiß her, war
der Laden voll", erinnerte er sich. In einer schriftlichen Stellungnahme für KAB
und Kolpingsfamilie sparte Jura gestern nicht mit Kritik. Dass weder die SPD noch der
Bürgermeister im Saal waren, lässt ihn auf die Einstellung zur Schul- und
Familienpolitik schließen. Traurig machte die Veranstalter, dass
nur wenige Eltern an der Diskussion teilnahmen.
Für die
Organisatoren stellt sich die Frage, ob die heutigen Eltern kein
Interesse an der
Schulpolitik haben. Kolping und KAB wollen weiterhin das Thema
Kinder-Kindergarten-Schule behandeln.
KOMMENTAR
Thema Schule
lockt nicht
Leere Stuhlreihen
im Forum, unter den wenigen Anwesenden überwiegend CDU- und
FDP-Lokalpolitiker, aber redselige Podiumsteilnehmer, die kaum zu
bremsen waren.
Die Diskussion
über die Zukunft der Schule und die Schule der Zukunft ist in
Holzwickede auf ein überraschend geringes Interesse
gestoßen. Diejenigen, die täglich mit Schule zu tun haben,
glänzten durch Abwesenheit. Sie ließen die Chance
verstreichen, ihre Fragen zu stellen und den Vertretern der
Landesparteien ihre Meinung mit auf den Weg zu geben.
Woran mag es
gelegen haben? An den bayrischen Kickern? Ist ein Fußballspiel
wichtiger als Informationen über Schulpolitik? An mangelnder
Vorbereitung? Waren die Flyer nicht aussagekräftig und nicht weit
genug gestreut? Manch einer hat wohl auf eine persönliche,
offizielle Einladung von KAB und Kolping gewartet. Oder wird der Name
Theo Jura eher mit CDU-Fraktion, denn mit Koipingsfamilie in Verbindung
gebracht?
Wie auch immer,
die Veranstalter haben es gut gemeint. Sie wollten vor allem
Holzwickeder Eltern die Möglichkeit der Information geben. Wer sie
nicht genutzt hat, darf später nicht meckern.
• Gabriele Hoffmann
aus Westfälische Rundschau: Samstag, 12.
April 2008
Kolpingsfamilie
und KAB enttäuscht: Knapp 50 Gäste bei Veranstaltung mit
Schulexperten aus Landtag
„Schule hat Zukunft” – aber interessiert
nicht
von Peter Gräber
Holzwickede. Theo
Jura machte aus seiner Enttäuschung keinen Hehl. Da hatten die
Kolpingsfamilie und Katholische Arbeitnehmer (KAB) ein
hochkarätiges Podium mit Schulexperten aus dem Landtag aufgefahren
– und keinen schien's zu interessieren.
Gerade mal knapp 50 Zuschauer verloren sich im Forum zur Diskussion
über „Zukunft Schule” – die meisten davon auch noch gesetzteren
Alters und aus den eigenen Reihen. Von jungen Familien keine Spur. Die
Schulexperten aus SPD (Wolfgang Große Brömer), den
Grünen (Sylvia Löhrmann), FDP (Dr. Paul Reiter) und CDU
(Bernard Reker) schienen weit weniger überrascht als die Einlader.
„Wir hatten ein volles Haus erwartet”, so Jura. „Die Presse hatte
ausführlich angekündigt, wir hatten 3 000 Handzettel an allen
Schulen und Kindergärten verteilt. Wir dachten, dass alle, die
über Schule schimpfen, hier die Chance ergreifen und etwas aus
erster Hand wissen oder weitergeben würden. Man kann doch nicht
immer nur meckern.” Jeder der Experten äußerte sich
zunächst zu den Mängeln und Entwicklungen des Schulsystems
und den eigenen bildungspolitischen Konzepten. Danach durften Fragen
gestellt werden. Wie erwartet sprachen sich die Vertreter von SPD und
Grünen für eine grundlegende Reform des dreigliedrigen
Schulsystems aus: Das bestehende System produziere im internationalen
Vergleich zu viele Schulversager, zu wenig qualifizierte
Abschlüsse und zu schlechte Leistungen und fördere unsere
Kinder nicht nach ihren individuellen Möglichkeiten. Die soziale
Herkunft sei entscheidend für den Bildungsabschluss. Beide
plädierten für eine Gemeinschaftsschule, in der Kinder nicht
zu früh und zu oft aussortiert werden. Darin könnten Kinder
dann auch bessere Leistungen erzielen. Die demographische Entwicklung
und das Wahlverhalten der Eltern und Kinder zwinge zum Handeln.
Der FDP-Politiker, einziger Nichtabgeordneter der Runde, plädierte
eher pragmatisch dafür, das dreigliedrige Schulsystem zu erhalten.
Sein Tenor: Mit einer besseren Sprachförderung von
Migrantenkindern und vor allem kleinere Klassen ließen sich
bessere Erfolge erzielen als in einem Gesamtschulsystem. Vor allem: Die
große Mehrheit der Eltern wolle das Gymnasium. Darauf wies
auch der CDU-Schulexperte hin. Die CDU setze trotz dramatisch sinkender
Anmeldezahlen für die Hauptschule weiter ganz auf das bestehende
Schulsystem. Die Hauptschule erhalte durch Umstellung auf den
Ganztagsbetrieb erstmals Chancengleichheit. Zudem habe die
Landesregierung gegen alle Sparzwänge über 5 000 neue Lehrer
eingestellt.
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