aus Westfälische Rundschau: Samstag, 10.
September 2005
Schüler
befragen die Kandidaten
Holzwickede. (peg) Die fünf
Wahlkreiskandidaten von SPD,
Grünen, CDU, FDP und Linkspartei nahmen gestern an einer
Podiumsdiskussion im Clara-Schumann-Gymnasium teil: Ein ruhiger
Vormittag wurde es für sie nicht.
Die Gymnasiasten, darunter einige Erstwähler, fragten kritisch
nach, zwangen Rolf Stöckel (SPD), Friedrich Ostendorff
(Grüne), Hubert Hüppe (CDU), Detlef Knop (FDP) und Gabriele
Dröst (Linkspartei) Farbe zu bekennen. Nach kurzer
Vorstellungsrunde ging´s gleich zur Sache: Stöckel sollte
erklären, warum die SPD nicht sonderlich erfolgreich bei der
Schaffung von Arbeitsplätzen war. "Arbeitsplätze werden von
den Unternehmen, nicht der Bundesregierung geschaffen", erinnerte
Stöckel. Die SPD habe erstmals nach der Kohl-Ära die Steuer-
und Sozialabgaben gesenkt oder stabil gehalten. Das sei der richtige
Ansatz. Leider sei man durch die weltwirtschaftliche Entwicklung
zurückgeworfen worden. "Patentrezepte gibt es da auch nicht."
Stöckel verteidigte auch die Hartz IV-Reform als Schritt in die
richtige Richtung: So seien schon jetzt 180 000 Jugendliche in
Ausbildung, Weiterbildungs- oder Qualifizierungsmaßnahmen
gebracht worden.
Friedrich Ostendorff (Grüne) sieht jedoch gerade bei der Suche und
Vermittlung von Arbeit noch erhebliche Defizite und würde hier
nachbessern wollen.
Woher die Wachstumsimpulse kommen sollen, erläuterte Hubert
Hüppe: Abbau von Bürokratie, einfaches Steuersystem und eine
Flexibilisierung des Arbeitsrechts. "Außerdem wollen wir die
Lohnnebenkosten senken, dafür die Mehrwertsteuer erhöhen."
Wie man sich da mit der FDP einigen werde, die dagegen sei? Ehrliche
Antwort von Hüppe und Knop: Vermutlich wird sich in dieser Frage
die CDU als größerer Partner durchsetzen.
Gabriele Dröst wurde gefragt, wie die Linkspartei ihre ganzen
Wahlversprechen finanzieren will: "Vor allem durch Wachstum",
antwortete sie. "Dazu brauchen die Leute aber wieder mehr Geld in der
Tasche."
Detlef Knop musste Kritik einstecken für seine Forderung nach
Abbau von Kündigungsschutz und Lockerung der Tarifbindung: Dies
werde die Gesellschaft endgültig in Arme und Reiche spalten,
fürchtet Stöckel.
Klare Unterschiede auch in der Steuerpolitik: Auch Grüne und SPD
wollen Steuersubventionen abbauen - nur hätten CDU und FDP das
bislang abgeblockt. "Dann sagen Sie doch mal, welche Subventionen sie
abbauen und welche Schlupflöcher sie schließen wollen",
forderte Ostendorff auf. Er selbst nannte die zahllosen
Abschreibungsmöglichkeiten. Eine Antwort blieb Hüppe zwar
schuldig. Er rechnete aber vor, dass nach dem CDU-Modell Familien mit
zwei Kindern erst ab
38 000 Euro Einkommen Steuern zahlen müssten.
Viele Fragen kamen auch zur Bildungspolitik: Hier legten Stöckel
und Ostendorff ein klares Bekenntnis zur Chancengleichheit und
Ganztagsschule ab. Diese Schulform sei besser geeignet, Schüler
individuell und ganzheitlich zu fördern. Dies habe auch die
PISA-Studie gezeigt.
Hüppe und Knop wollen dagegen am dreigliedrigen Schulsystem
festhalten und auch Studiengebühren zulassen. Abschließend
dann die Außenpolitik: Hier wurden die Kandidaten zum EG-Beitritt
der Türkei und Kriegseinsatz der Bundeswehr befragt.
Bildunterschrift: Die
Aula des Schulzentrums war gut gefüllt. Fünf
Wahlkreiskandidaten stellten sich den kritischen Fragen der
Gymnasiasten. Klare Fragen hatten die Gymnasiasten
für die Politiker vorbereitet. |