aus: Westfälische Rundschau, Dienstag, 24. September 2002

SPD verliert in der Gemeinde weniger als im Bundestrend, gewinnt in einigen Bezirken sogar dazu - FDP und Grüne stabil

CDU legte in Holzwickede fast überall zu

Holzwickede. (peg) So spannend und offen war der Ausgang der Bundestagswahl, dass keiner der Lokalpolitiker sich bei der Wahlparty am Sonntagabend im Rathaus äußern wollte. So blieb den Holzwickeder Christdemokraten immerhin erspart, sich öffentlich zu früh gefreut zu haben.

Denn am Ende hatte bekanntlich die rot-grüne Koalition doch noch die Nase vorn. Nicht mal stärkste Partei wurde die CDU nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis. Bezeichnend: Rundum zufrieden und zur Stellungnahme bereit war am Sonntagabend nur Hans-Ulrich Bangert, der seine Grünen als "klaren Wahlsieger" sah: "Wir haben zum ersten Mal auf einen Spitzenkandidaten gesetzt. Das hat sich ausgezahlt", glaubt Bangert. "Aber es war nicht nur der Joschka-Bonus, wir haben auch inhaltlich einen guten Wahlkampf gemacht." Großzügig wünschte Bangert "der SPD noch auf ein paar Prozentpunkte mehr".
"Froh, dass es noch geklappt hat", war SPD-Chef Michael Klimziak gestern: "Rot-grün regiert weiter und die SPD stellt die stärkste Fraktion" - da kann Klimziak auch verkraften, dass er "persönlich ein besseres Ergebnis für die SPD erwartet" hatte. Fast 50 Leute harrten im SPD-Büro am Sonntagabend aus: "Es war sehr spannend. Zum Glück konnte unser Fernseher nur ZDF empfangen. Da waren die Hochrechnungen besser", meint Fraktionschef Bodo Fehser. "Ich hätte der CDU jedoch zugetraut, dass man dort weiß, dass es durch Überhangmandate noch starke Verschiebungen geben kann", meint Fehser mit Blick auf den frühen Jubel Stoibers. Gemessen an den Umfrageergebnissen vor einigen Wochen könne die SPD "noch sehr zufrieden" sein. Was ihn persönlich freut: In seinem Wahlbezirk (Seniorenbegegnungsstätte) legte die SPD sogar 2 % zu, verlor auf lokaler Ebene auch nur unterdurchschnittlich.
"Etwas enttäuscht" meinte CDU-Parteichef Frank Lausmann gestern: "Es hat nicht ganz gereicht, was aber auch an der FDP gelegen hat." Und mit Blick auf das lokale Abschneiden: "Holzwickede ist sicher keine schwarze Hochburg, aber wir haben hier im Schnitt 0,8 % hinzu gewonnen, die SPD rund 2,6 % verloren." Ernüchtert auch CDU-Fraktionschef Rolf Kersting: "Wir wollten rot-grün ablösen, dazu hat es nicht gereicht. Wir können mit unserem eigenen Ergebnis zufrieden sein, aber unsere Braut, die FDP, hat nicht genügend Mitgift mitgebracht. Bei der SPD ist es genau umgekehrt." Die Frage sei nun wie es weiter gehe: "Unserem Land geht es ganz dreckig. Da sind Lösungen gefragt. Da reicht es nicht, nur ,Doris ihren Mann´ zu sein. Ich befürchte, rot-grün übersteht die nächsten vier Jahre nicht."
"Sehr enttäuscht" ist FDP-Chef Erich Brauckmann. "Die Erwartungshaltung war höher. Wir haben zwar zulegen können. Aber ich persönlich hatte ein zweistelliges Ergebnis erwartet." Dass es verfehlt wurde, "lag nicht nur an Möllemann", glaubt Brauckmann. "Die rot-grüne Koalition hat durch die Flutkatastrophe und den Irak viel gewonnen. Viele Stimmen der SPD sind auch bei den Grünen gelandet." Bürgermeister Rother "freut am meisten die hohe Wahlbeteiligung in Holzwickede". Mit dem Abschneiden der SPD ist er zufrieden. "Vor acht Wochen hätte ich ein solches Ergebnis nicht für möglich gehalten. Das zeigt, was mit Fleiß und Disziplin möglich ist."

Wahlstudio


Hochspannung bis zum Schluss nicht aufgelöst, v.l.: CDU-Fraktionschef Rolf Kersting, Bügermeister Jenz Rother, CDU-Parteichef Frank Lausmann und Andreas Van der Wal (Verwaltung) informierten sich wie viele andere Bürger auch am Wahlabend im Rathaus über die Ergebnisse aus den Wahlbezirken. Bild: Dittrich